Expertenforum Graz : Energieautark mit Solaranlage und Energiespeicher Beton

Zum Motto „Energiespeicher Beton – Visionäres Energiemanagement auf dem Prüfstand“ referierten kürzlich hochkarätige Experten im Veranstaltungszentrum MP09 in Graz. Vorgestellt wurden aktuellste Bauten, welche die zukunftsweisende Technologie der Bauteilaktivierung mit Beton einsetzen, sozusagen die Energiespeicher der Zukunft, und die in Kombination mit Solarenergie keine zusätzliche Heizung mehr brauchen. „Best-Practice Häuser weisen uns einen neuen Weg. Die Kombination erneuerbarer Energie mit dem Energiespeicher Beton führt zu energieautarken Häusern“, so DI Felix Friembichler, Geschäftsführer der VÖZ.

Mit „Beton eignet sich wie kein zweites gängiges Baumaterial zur thermischen Aktivierung“, leitete DI Dr. Peter Holzer, Geschäftsleiter des Wiener IPJ Ingenieurbüros P. Jung mit Schwerpunkt Klima-Engineering und Energieberatung, die Veranstaltung ein. Beton hat eine außerordentlich hohe Wärmeleit- und Wärmespeicherfähigkeit. Das Anwendungsprinzip ist simpel: „Indem in Bauteile aus Beton wie Wände oder Decken wasserdurchströmte Kunststoffrohre eingelegt werden, dienen diese als Heiz- bzw. Kühlelemente. Je nach Bedarf wird Wärme oder Kälte eingespeichert. Die abgegebene thermische Strahlung temperiert die umgebenden Räume“, erklärt Holzer.

Smart City Graz Leitprojekt Österreich

Projektkoordinator der Stadtbaudirektion Graz DI Kai-Uwe Hoffer freut sich, dass Graz mit ihrem aktuellen „Smart City“-Projektentwurf für das Förderprogramm „Smart Energy Demo“ des Klima- und Energiefonds zum österreichischen Leitprojekt ernannt wurde. Es steht für neue Energietechnologien und einen Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklung. Mit intelligenten Lösungen soll die steirische Hauptstadt eine „Zero Emission City“ werden. „Die Nutzung von Beton als Energiespeicher halten wir für absolut zukunftsweisend. Wir möchten diese Technologie für unsere künftigen Projekte vorsehen“, betont Hoffer.

Bedürfnisse der Bewohner nicht vergessen

DI Gernot Röck von der Bauunternehmung Ing. Röck GmbH in Ehrenhausen, Steiermark, hat umfassende Erfahrungswerte zur Bauteilaktivierung im Wohnbau. Er präsentierte Doppel- und Einfamilienhäuser, die sein Bauunternehmen in den letzten beiden Jahren erfolgreich mit dem Energiespeicher Beton umgesetzt hat. „Die intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Bauherren und späteren Nutzer spielt in der Konzeption ebenso eine Rolle wie die Technik dahinter“, ergänzt Röck. „Aber“, betont Röck, „der Einsatz der Technologie Bauteilaktivierung funktioniert nur dann fehlerfrei, wenn die Planung stimmt.“ Bereits in der Phase der Planung sei Koordination und Kommunikation aller beteiligten Partner zentrales Element für ein gutes Gelingen.

Solarenergie und Energiespeicher Beton eine ideale Kombination

„Vor Kurzem war es noch kaum denkbar, dass man im kalten Österreich ein Gebäude wirtschaftlich sinnvoll mit einer Solaranlage ausstattet und damit eine ausreichende Wärmeversorgung erreicht“, so der Haustechnik-Spezialist Ing. Wieland Moser von TB Käferhaus GmbH. Bei längeren Phasen ohne Sonnenschein waren zusätzliche Wärmequellen erforderlich. „Nun ist bei adäquater Nutzung der Speichermasse von Beton die Wärmeversorgung von Gebäuden mit Solarenergie problemlos ohne Zusatzheizung möglich.“

Die Best Practice-Beispiele einer Salzburger Kletterhalle und eines Passivwohnhauses in Niederösterreich zeigen wie Raumwärme mit Solarenergie in Kombination mit der Nutzung von Speichermasse von Beton erzeugt wird. In beiden Fällen dient die Bodenplatte als tragendes Element für eine ganzjährige Temperierung ohne zusätzliche Wärmequellen.

Kletterhalle in Salzburg ohne Energiekosten

2012 wurde in Saalfelden, Salzburg, die Kletterhalle „Felsenfest“ errichtet. Das fast 19 Meter hohe Gebäude mit einer Grundfläche von 400 Quadratmetern, wird ganzjährig über die in der Bodenplatte gespeicherte Wärme versorgt. Die Bodenplatte ist 52 cm dick und enthält 150 m³ Beton, der als Langzeitspeicher für die am Dach installierte Solaranlage dient. So ist es möglich, solare Gewinne aus der Sommerperiode bis in die Heizperiode zu transferieren. „Beeindruckend ist vor allem, dass durch die große gespeicherte Energiemenge kaum Temperaturschwankungen auftreten“, unterstreicht Harald Kuster, FIN – Future is now, Kuster Energielösungen GmbH. „Das Energiekonzept funktioniert perfekt. Im vergangenen Winter sind keine Energiekosten angefallen. Im Gegenteil, es wurde sogar ein Energieüberschuss produziert und an die Gemeinde verkauft.“

Kletterhalle Felsenfest - © Kuster

Einfamilienhaus in Niederösterreich ohne Heizung

Auch Wieland Moser hat seinen Fokus auf die bauteilaktivierte Bodenplatte gelenkt. Um zu klären, über welche Masse bzw. Dicke die Bodenplatte eines Hauses verfügen muss, damit eine ganzjährig konstante Raumwärme ohne Zusatzheizung erreicht wird, hat er ein eigenes Rechenmodell erstellt. In Pfaffstätten (NÖ) wurde 2012 ein Passiv-Wohnhaus errichtet, das über eine 50 cm dicke Bodenplatte aus Beton sowie über eine Solaranlage verfügt. „Innerhalb von drei Wochen, in denen von der Solaranlage keine Energie geliefert wird, fällt die Temperatur um nur 1 Grad – das ist sensationell“, zeigt sich Moser begeistert.

Passivhaus Pfaffstätten - © Wieland Moser

Aktuelle Forschung: Wärme verschieben mit Beton

Peter Holzer gibt noch einen Einblick in aktuell laufende Forschungen zum Thema Energiespeicher Beton: „Derzeit wird intensiv an der Entwicklung von gebäudetechnischen Systemen gearbeitet, die eine zeitliche und örtliche Lastverschiebung von Wärme mithilfe von aktiver Speichermassenbewirtschaftung zulassen - und zwar ohne dafür technische Hilfsmittel wie Wärmepumpen einzusetzen.“ So wird geprüft, wie im Sommer Wärme von belasteten Gebäudebereichen zur Speicherung in andere Gebäudeteile verschoben werden kann bzw. im Winter dorthin, wo Heizbedarf besteht.