Markus Hummel, Siedle-Produktmanager, im Interview : „Das Verständnis für IP wird auch im Elektrohandwerk immer wichtiger"
IP-Technologie spielt in Gebäuden zunehmend eine zentrale Rolle – auch in der Tür- und Gebäudekommunikationstechnik. Siedle ist mit dem IP-System Siedle Access Professional im Markt. Es lässt sich vollständig in Netzwerke integrieren, ist flexibel skalierbar und bietet individuelle Lösungen. Im Gespräch erläutert Produktmanager Markus Hummel die Vorteile IP-basierter Gebäudekommunikation und blickt auf die Marktentwicklung.
Siedle Access Professional: Von der Einführung bis heute
Elektropraxis@Punktum: Siedle ist bekannt für Türsprechanlagen. Warum hat Siedle ein IP-basiertes System für Gebäudekommunikation entwickelt?
Markus Hummel: Wir sehen uns als Experten für Gebäudekommunikation – und zwar für jedes Gebäude. Für komplexe Anforderungen und individuelle Lösungen haben wir unser IP-basiertes System Access Professional entwickelt. An den Eingängen sind weiter unsere bekannten Sprechanlagen zu sehen, wie die Designlinien Vario und Steel. Dahinter steckt heute immer öfter Siedle Access Professional. Aktuell feiert unser IP-System sogar ein kleines Jubiläum: Access Professional ist seit über zehn Jahren auf dem Markt.
Gehen wir zur Einführung von Access Professional zurück – welches Ziel stand damals im Mittelpunkt? Was hat sich seither verändert?
Hummel: Am Anfang der Entwicklung stand der Wunsch nach maximaler Flexibilität und kund*innenspezifischen Lösungen. Wir haben analysiert, dass IP dafür die beste Basis ist. Mit Access Professional lassen sich Anforderungen realisieren, die einerseits individuell ausgestaltet und andererseits vollständig in Netzwerke integriert sind. Auf diese Weise können Großprojekte mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen an Gebäudekommunikation umgesetzt werden. Access Professional ist in Industriegebäuden und Logistikzentren ebenso im Einsatz wie in Großkliniken, Büro- und Geschäftshäusern, weitflächigen Wohnarealen sowie Gebäuden mit Mischnutzung. Insbesondere in den Bereichen Wohnbau und gemischter Nutzung nehme ich einen Wandel wahr. Viele Projektentwickler erkennen inzwischen das Potenzial von IP-Netzwerken – auch mit Blick auf die Gebäudekommunikation.
IP-Systeme wie Access Professional brillieren, weil sie sich jederzeit bedarfsgerecht skalieren lassen. Diese Skalierbarkeit zu jedem Zeitpunkt, vom Planungsbeginn bis zum endgültigen Innenausbau, ist ein entscheidender Vorteil.
Vorteile von IP-Systemen
Sie sprechen von maximaler Flexibilität. Welche Vorteile spielen IP-Systeme wie Access Professional konkret aus?
Hummel: Es beginnt bereits in der Planung. Entwickler von großen Büro- oder Gewerbeprojekten setzen häufig auf einen oder zwei Ankermieter und planen die weiteren Gebäudebereiche ergebnisoffen. Das bedeutet: Die konkrete Nutzung – und damit auch die Ausstattung und Funktionalität – steht nicht von Beginn an fest. Die Etagen- und Büroaufteilung ergibt sich erst im Lauf der Mieterakquise während der Umsetzung. Dann ist ein flexibler Mieterausbau mit Erweiterungsmöglichkeiten gefragt. Mit unserem IP-System sind solche Gebäude optimal ausgestattet.
Mit Access Professional ist keine zusätzliche Installation oder Hardware notwendig, wenn das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt wächst. Unser Lizenzmodell sorgt für flexible Erweiterungen. Durch den Erwerb weiterer Lizenzen lassen sich sowohl die Funktionen als auch die Teilnehmer*innenzahl erweitern. In dieser Hinsicht brillieren IP-Systeme wie Access Professional, weil sie sich jederzeit bedarfsgerecht skalieren lassen. Diese Skalierbarkeit zu jedem Zeitpunkt, vom Planungsbeginn bis zum endgültigen Innenausbau, ist ein entscheidender Vorteil von IP.
Jedes System hat selbstverständlich Grenzen. Die Systemgrenzen bleiben meist graue Theorie, weil Access Professional extrem skalierbar ist.
Selten aber doch: Wo IP-Systeme an ihre Grenzen stoßen
Aber auch für IP-Systeme wie Access Professional existieren Grenzen …
Hummel: Jedes System hat selbstverständlich Grenzen. Das gilt auch für Access Professional. Aber in der Praxis stoßen wir so gut wie nie daran – und falls doch, können wir in der Regel individuelle Lösungen anbieten. Die Systemgrenzen bleiben meist graue Theorie, weil Access Professional extrem skalierbar ist. Das betrifft die Reichweite, die Teilnehmerzahl und die Leistungsfähigkeit im täglichen Betrieb.
Können Sie ein Beispiel dafür geben?
Hummel: Beispielsweise lassen sich im IP-Netzwerk auch weit entfernte Pförtnerhäuschen oder Schrankenanlagen anbinden. Es gibt so gut wie keine relevanten Beschränkungen in der Reichweite. Dasselbe gilt für Büro- und Geschäftshäuser sowie Wohnareale mit mehreren Gebäudeeinheiten. Hier können IP-Systeme außerdem ihre Stärke bei der Teilnehmer*innenzahl ausspielen. Access Professional bindet regulär bis zu 640 Teilnehmer*innen an.
Last, but not least sind IP-Systeme sehr leistungsfähig. So können mit Access Professional bis zu 50 Gesprächs- und Videoverbindungen von unterschiedlichen Eingängen parallel zur gleichen Zeit erfolgen. Das ist ein entscheidendes Argument bei hohem Publikums- oder Lieferantenverkehr. Beispielsweise haben wir die Logistikzentren eines weltweit führenden Lebensmitteleinzelhändlers mit Siedle Access Professional ausgestattet. Die Schrankenzufahrten dort werden täglich von mehreren hundert Lkws frequentiert. Mit Access Professional ist dieses Aufkommen ganz einfach zu managen.
Das Verständnis für IP wird auch im Elektrohandwerk immer wichtiger.
So geht das Elektrohandwerk mit IP-Systemen um
Apropos Management: Spricht auch das „Managen“ verschiedener Funktionen für IP?
Hummel: Sie sprechen die Integration verschiedener Funktionen und Features an. Hier liegen IP-Systeme voll im Trend, der eindeutig in Richtung gewerkeübergreifender, integrierter Gesamtlösungen weist. Mit IP sind integrierte Lösungen überhaupt kein Problem. So kann unser System Access Professional zum Beispiel von der KNX-Automation über die VoIP-Telefonie bis zur Zutrittskontrolle von Drittanbietern via Schnittstelle eine enorme Bandbreite an Funktionen und Features berücksichtigen. Auf diese Weise lässt sich ein IP-System wie Access Professional auch problemlos in ein umfassendes Sicherheits- und Gebäudemanagementsystem integrieren.
Sie haben die Gewerke erwähnt. Wie geht das Elektrohandwerk mit IP um?
Hummel: Das Verständnis für IP wird auch im Elektrohandwerk immer wichtiger. Die anwendungsunabhängige strukturierte IP-Verkabelung ist weltweiter Standard. Access Professional wird über RJ45-Anschlüsse angebunden, die im Handwerk etabliert und bekannt sind. Allerdings ist Access Professional – wie der Name schon sagt – ein System für Profis, das sehr komplexe und auch kundenspezifische Lösungen ermöglicht. Deshalb zertifizieren wir bei Siedle unsere Partnerbetriebe als Access Certified Partner (ACP).
Diese sind teilweise im Elektrohandwerk zu Hause, kommen aber auch aus IT-nahen Bereichen und arbeiten projektbezogen mit dem Elektrohandwerk zusammen. Bei Siedle ist unser Access Service Center die erste Adresse für unsere Profi-Partner in Sachen Support und Beratung. Meine Kolleg*innen im Access Service Center realisieren zudem gemeinsam mit dem Siedle Engineering immer wieder kundenspezifische Lösungen. Viele davon haben es im Lauf der Zeit in den standardisierten Funktionsumfang von Access Professional geschafft. Das gehört zur kontinuierlichen Weiterentwicklung unseres IP-Systems dazu.
IP-Systeme und die Nachhaltigkeit
Bei stetiger Entwicklung stellt sich die Frage, wie nachhaltig ein IP-System sein kann?
Hummel: Ich persönlich kenne sehr viele Access-Anlagen aus der Anfangszeit, die nach wie vor zur vollen Zufriedenheit unserer Kund*innen laufen. Wenn neue Funktionen in Anspruch genommen werden, ist unter Umständen eine Modernisierung der Hardware notwendig, zum Beispiel der Austausch eines Servers.
Das System als solches ist sehr nachhaltig und zuverlässig. Wir stellen das seit mehr als zehn Jahren unter Beweis – mit dem inzwischen siebten Major Release (Access Professional 7.0). Ein wesentlicher Schlüssel zu diesem Erfolg liegt tatsächlich in der laufenden Weiterentwicklung. Diese reicht vom stetig erweiterten Funktionsumfang bis zum flexiblen Lizenzmodell, das die Skalierbarkeit des Systems optimal unterstützt.
Aktuelle Entwicklungen am Markt für Gebäudekommunikation
Welche aktuellen Entwicklungen gibt es aus Ihrer Sicht in der Gebäudekommunikation? Und wie wirken sich diese auf IP-Systeme aus?
Hummel: Kund*innen wünschen sich ganz klar mehr Komfort und mehr Sicherheit. Das betrifft im Wesentlichen alles rund um das Thema Gebäudeautomation. In der Türkommunikation spielt die mobile Anbindung eine zentrale Rolle, sprich die Türklingel auf dem Smartphone. Mit der Siedle App haben wir ein solches Angebot für mehrere unserer Systeme im Portfolio. Bei Access Professional gehört die Siedle App selbstverständlich zum Funktionsumfang: Der Türruf mit Livebild kommt, wenn gewünscht, auch auf Smartphones an.
Auch in sehr spezifischen Konstellationen spielt die Bildübertragung in der Gebäudekommunikation eine entscheidende Rolle. Denken Sie etwa an ein Wohnhochhaus mit Concierge. Dieser sicherheitsrelevante Wohnkomfort ist aus den USA bekannt und verbreitet sich mittlerweile auch in Europa immer mehr. Die aktuelle Version unseres IP-Systems ermöglicht es dem Concierge, wahlweise das Bild der Videosprechanlage oder einer externen Kamera hinter dem Tresen an gewünschte Teilnehmer*innen weiterzuleiten.
Die Möglichkeiten und Szenarien für neue Sicherheitsfeatures und zusätzlichen Komfort sind meines Erachtens vielfältig. Insbesondere im großen Wohnbau – Wohnareale mit mehreren Gebäudeeinheiten – werden Vernetzung und Integration immer wichtiger. Projektentwickler in diesem Segment setzen zusehends auf die technische Integration in einem Netzwerk, von der Beleuchtung bis zur Gebäudekommunikation. Nichts ist dafür besser geeignet als IP-Technologie. Die Entwicklung der IP-Gebäudekommunikation bleibt also spannend – und sie hat vielversprechende Zukunftsaussichten!