Trendforum : Die Energiewende (be-)steuern
Die kürzlich beschlossene ökosoziale Steuerreform und das kommende Energieeffizienzgesetz standen im Mittelpunkt des Trendforums am 11. November 2021 in Wien. Oesterreichs Energie Präsident und Verbund-Generaldirektor Michael Strugl begrüßte die kommende Ökosteuer, die auch zwei wesentliche Forderungen des E-Wirtschaftsverbandes erfüllt: „Erstens erhalten damit auch die CO₂-Emissionen außerhalb der vom EU-Emissionshandel erfassten Bereiche einen Preis, insbesondere jene, die durch Raumwärme und Verkehr verursacht werden. Zweitens werden die Einnahmen des Bundes aus der Steuer 'recycelt', also für die Entlastung klimafreundlichen Verhaltens verwendet.“
Energieeffizienzgesetz: Strategische Ziele setzen
Die Ziele des in Ausarbeitung befindlichen Energieeffizienzgesetzes wiederum sollten sich laut Strugl an den Vorgaben der Europäischen Union orientieren. Eine unerwünschte Übererfüllung von EU-Mindeststandards dürfe es nicht geben: „Wenn es heißt, Österreich soll statt 500 Petajoule 800 Petajoule einsparen, muss man fragen, ob das realistisch ist. Es wäre schade, wenn wir uns wieder einmal ehrgeizige Ziele setzen und diese dann verfehlen.“ Strugl schlägt außerdem vor den Schwerpunkt des Gesetzes auf „strategische“ Maßnahmen der öffentlichen Hand, wie die Wohnbauförderung und langfristige Programme zur thermischen Gebäudesanierung zu legen. Kritisch sieht der Sprecher der E-Wirtschaft die Verpflichtung zu Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen bei Kunden. Diese Lieferantenverpflichtung habe sich auch in vorigen Gesetz nicht bewährt: „Sie brachte eine unglaubliche Bürokratie, aber kaum Effizienzsteigerungen“, so Strugl.
Jürgen Schneider, Leiter der Sektion „Klima und Energie“ im Energieministerium (BMK), sieht in der ökosozialen Steuerreform einen epochalen Schritt. Die Höhe des CO₂-Preises könne man diskutieren, so Schneider, es sei aber erheblich einfacher, einen bestehenden Preis anzuheben, als einen solchen neu einzuführen. Volle Wirkung entfalte der Preis freilich nur im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen, wie dem geplanten Erneuerbare-Wärme-Gesetz, dem Energieeffizienzgesetz, dem Klimagesetz und anderen Bestimmungen. Zum Energieeffizienzgesetz hielt Schneider fest, es gebe einen „weitgediehenen Expertenentwurf, der auf politischer Ebene verhandelt wird“. Dessen Eckpunkte: „Es geht um einen Mix aus den strategischen Maßnahmen und der Lieferantenverpflichtung.“ Neben der Setzung von Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Kunden wird das neue Gesetz Energielieferanten die Möglichkeit bieten, schuldbefreiend in einen Fonds einzahlen. Die Höhe der Zahlungen werde sich an den Kosten für Effizienzmaßnahmen orientieren.
Blick in die Nachbarländer
„Ich finde es toll, dass es die umfassende ökosoziale Steuerreform jetzt gibt“, zeigt sich Friedrich Seefeldt, Leiter „Energie & Infrastruktur“ beim deutschen Prognos-Institut, begeistert. Er hatte im Jahr 2018 im Auftrag von Oesterreichs Energie ein Konzept für eine solche Reform entworfen. In mancher Hinsicht gehe diese über die seinerzeitigen Vorschläge von Prognos hinaus, etwa mit der Rückverteilung der Einnahmen aus der CO₂-Steuer an Wirtschaft und Gesellschaft, so Seefeldt. „Da ist Österreich Deutschland voraus.“ Kritisch zur CO₂-Bepreisung in der Schweiz äußerte sich Michael Frank, der Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Diese sei als Lenkungsabgabe konzipiert, fließe aber nicht vollständig an die Unternehmen und die Bürger zurück, um deren klimaverträgliches Verhalten zu fördern: „Das ist eine Zweckentfremdung.“