Expert : "Wir machen unsere eigene Konjunktur"

Alfred Kapfer
© JOCHEN LORENZ

Über Umsatzzuwächse der Kooperationsmitglieder – sowohl in der Elektrotechnik wie auch im Elektrohandel – freut sich Expert-Geschäftsführer Alfred Kapfer. Um diese in ihrem Geschäft zu unterstützen, wurde das Lagersortiment erweitert und ein Pilotprojekt im Bereich der Warenwirtschaft angestoßen. Das große Elektropraxis-Interview in voller Länge.

Elektrohändler und Elektrotechniker berichten mehrheitlich von einer sehr guten Geschäftsentwicklung – im vergangenen wie auch im angelaufenen Jahr. Wie ist die Situation bei den Expert-Mitgliedern?

Alfred Kapfer: 2020 verzeichneten unsere Mitglieder – geschätzt – ein schönes zweistelliges Plus in beiden Bereichen, also sowohl im Handel wie auch in der Elektrotechnik. Von Wachstum profitierten ja allgemein all jene Branchen, die dazu beitragen, das eigene Zuhause wohnlicher zu machen.

Das war so zu Beginn nicht absehbar. Aber schon im ersten Lockdown war weniger fehlende Einkaufslaune das Thema als vielmehr die mangelnde Warenverfügbarkeit. Wobei wir und unsere Mitglieder die Lager schon zuvor – aufgrund absehbarer chinesischer Lieferschwierigkeiten – aufgefüllt hatten.

Richtig rund ging es dann nochmals ab dem 6. Dezember. Im Weihnachtsgeschäft wurde bei uns im Lager zum Teil bis Mitternacht gearbeitet. Dabei kamen nicht nur externe Kräfte zum Einsatz, auch Mitarbeiter aus der Zentrale wie Marketingleiter Matthias Sandtner und Einkaufsleiter Thomas Wurm packten mit an.

Dass wir die Marktentwicklungen für uns nützen konnten, liegt natürlich auch an unserem professionell aufgesetzten Multichannel-Konzept. Außerdem gewann der Regionalitätsgedanke bei den Kunden an Bedeutung. Und unsere Mitgliedsbetriebe stellten ihren Ideenreichtum unter Beweis, wenn es darum ging, trotz geschlossener Geschäfte den Kontakt zu den Kunden aufrecht zu erhalten.

Ließ sich dieser Schwung in die ersten Monate des laufenden Jahres mitnehmen?

Kapfer: Auch 2021 entwickelt sich das Wachstum bislang zweistellig. Quer über alle Produktgruppen, wobei Kleingeräte besonders großen Absatz finden. Wir als Expert machen uns unsere eigene Konjunktur und dürften – wie nun schon seit Jahren – über dem Markt wachsen.

Ich vermute, dass das überdurchschnittliche Wachstum mit den ersten Öffnungsschritten zurückgehen wird. Also dann, wenn Reisen, Restaurantbesuche und anderes mehr wieder möglich sind. Das Geld ist vorhanden, gerade in der jüngeren Vergangenheit haben die Österreicher viel angespart. Die Frage ist, wofür es ausgegeben wird. Nicht zu vergessen ist der Effekt der Vorziehkäufe. Wer sich schon jetzt ein größeres TV-Gerät angeschafft hat, wird nicht wegen der Fußball-EM im Sommer ein weiteres kaufen.

Ich denke aber, dass der Wirtschaftsaufschwung recht rasch gehen wird. Die Regierung war sehr großzügig mit Unterstützungs- und Fördermaßnahmen. Das Problem der Unternehmen ist nicht, dass sie wegen entgangenen Geschäfts vor dem Aus stehen, sondern eher, dass sie keine Arbeitskräfte finden in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit.

Expert legt beim Umsatz zu. Wächst die Kooperation auch im Hinblick auf den Mitgliederstand?

Kapfer: Wir konnten im vergangenen Jahr acht neue Mitglieder dazugewinnen. Wobei wir uns schon auch genau ansehen, ob ein Betrieb zu uns passt. Eine Riesenfreude haben wir, dass das in der Salzburger Innenstadt beheimatete Unternehmen Elektro Fuchsberger unter den Neuzugängen ist. Ausschlaggebend für Markus Fuchsberger war neben der menschlichen Chemie unter anderem die Unterstützung im Online-Bereich und in der Werbung, die wir ihm als Kooperation bieten können. Das bringt eine spürbare Entlastung im Tagesgeschäft.

Hat die Coronakrise Händlerzusammenschlüsse gestärkt? Suchen die Marktplayer nun verstärkt die Unterstützung, die eine Kooperation bietet?

Kapfer: Wirklich viele sogenannte freie Händler gab es schon zuvor nicht mehr am Markt. Wobei eine Expert-Mitgliedschaft die unternehmerische Freiheit in keiner Weise beschneidet. Ganz im Gegenteil kann sich der Unternehmer dadurch für seine Kernaufgaben freispielen.

Die Vorteile, die wir bieten, sind beträchtlich – nicht nur bei der Werbung, auch bei Lagerrisiko und Lagerverfügbarkeit. Wir liefern selbst Kleinstmengen innerhalb von 24 bis 48 Stunden frei Haus. Das Thema Onlinehandel wiederum ist von einem Einzelnen unmöglich selbst zu bespielen. Eine Verkaufsplattform zu haben, reicht ja nicht, diese muss auch gepflegt werden und es braucht ein Gesamtpaket von SEO-Maßnahmen bis Social Media. Dazu bieten wir eine Hotline, bei der innerhalb von 15 bis 20 Sekunden abgehoben wird.

Wird das Lager erweitert?

Kapfer: Wir haben kürzlich ein kleines, feines Sortiment an großen Hausgeräten auf Lager genommen, um die Warenverfügbarkeit sicherzustellen. Dieser Produktbereich wird bleiben. Von den Lagerkapazitäten stoßen wir mittlerweile teilweise an Grenze. Ohne das eine oder andere Außenlager würden wir nicht mehr auskommen.

An den Produktengpässen der Industrie hat sich vorerst noch nichts geändert ...

Kapfer: Die Engpässe gibt es nach wie vor in allen Produktgruppen, von den Hausgeräten über die Kleingeräte bis zu den Fernsehern. Das ist eine herausfordernde Situation für unseren Einkauf und natürlich auch in besonderem Maß für unsere Mitglieder vor Ort. Für den Kunden bedeutet dies aber nicht, dass er drei Monate auf seinen Geschirrspüler warten muss, sondern bloß, dass er unter Umständen auf ein Alternativmodell ausweichen muss.

Die Verknappung erhöht womöglich auch die Begehrlichkeit der Produkte. Das ist daher meine kleinere Sorge – im Vergleich zu einer Produktschwemme mit zu wenig Abnehmern. Auch die Industriepartner berichten von einem dicken Umsatzplus im Streckengeschäft. Es ist also nicht so, dass durch die Lieferengpässe auf einmal nichts mehr verkauft wird.

Welche Projekte sind zurzeit bei Expert am Laufen?

Kapfer: Besonders wichtig ist uns die Warenwirtschaftsanbindung der Mitgliedsbetriebe. Hier haben wir sicherlich noch einen Aufholbedarf. Mittelfristig geht es auch darum, die Warenverfügbarkeit bei den Mitgliedern zu erheben. Das ist unter anderem unverzichtbar für standortbasiertes Marketing. Die ersten Pilotprojekte dazu sind gegenwärtig in der Umsetzung.

Expert hat noch im April eine digitale Tagung abgehalten. Wie zuversichtlich sind Sie bezüglich Ihrer Veranstaltung auf den Elektrofachhandelstagen im Herbst?

Kapfer: Ich bin sehr guter Dinge, dass nicht nur die Elektrofachhandelstage, sondern auch unsere Tagung samt Abendveranstaltung stattfinden kann. In welchem Umfang zu diesem Zeitpunkt noch Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten sein werden, lässt sich natürlich noch nicht sagen. Ich bin jedoch überzeugt, dass es ein großes Bedürfnis der Händler gibt, sich mit der Industrie und den Kollegen zu treffen und auszutauschen.