Technische Alternative : "Wir steigen in den Smart-Home-Markt ein"
Seit über 30 Jahren bietet die in Amaliendorf bei Gmünd beheimatete Technische Alternative Regelungssysteme insbesondere für Solarwärme- und Heizungstechnik. Nun setzt Firmengründer Kurt Fichtenbauer auf den Smart-Home-Markt und wendet sich verstärkt den Elektrotechnikern zu: Weil die Elektrotechniker mittlerweile einen guten Teil der Regeltechnik in den Haushalten übernommen haben, wie er im Gespräch mit Elektropraxis-Chefredakteur Reinhard Ebner erzählt. Ein Gespräch über Stress, Spaß, Jux und Tollerei - und über seine neuen Produkte.
Danke für die Gelegenheit zum Gespräch, Herr Fichtenbauer! Sie sind im Stress, wie ich gehört habe ...
Kurt Fichtenbauer: Stress ist vielleicht der falsche Ausdruck. Ich arbeite zurzeit an einem Projekt, das alle meine Kräfte in Anspruch nimmt.
Worum geht es?
Fichtenbauer: Dazu muss ich etwas ausholen: Gute Farbdisplays brauchen heute enorme Rechnerleistungen, die denen eines PCs entsprechen, wie er noch vor 15 bis 20 Jahren in Büros üblich war. Da unsere Regler mittlerweile allesamt mit Touchscreens bedienbar sind, brauchen wir also in Zukunft eine höhere Rechnerleistung. Das Gleiche gilt für die aufwändigen Verschlüsselungstechnologien. Die Computerzelle dafür entwickeln wir gerade. Da geht es um große Dimensionen, um Gigabyte und Gigahertz.
Das heißt, es wird auch eine neue Produktgeneration kommen, voraussichtlich im kommenden Jahr, mit neuer Regelung und neuen Visualisierungsmöglichkeiten. So etwas machen wir in etwa alle zehn Jahre, entsprechend groß ist der Aufwand. Stress im Sinne von Zeitdruck besteht jedoch keiner. Wir entwickeln unsere Serien generell zukunftssicher, sodass sie für viele Jahre stabil und zuverlässig laufen. Was noch heuer kommt, ist unser neues Web Interface.
Bekannt ist die Technische Alternative unter anderem für ihre frei programmierbaren Universalregler. Wie umfassend ist der Einsatzbereich tatsächlich?
Fichtenbauer: Unsere UVR oder Universalregler sind tatsächlich extrem universell einsetzbar. Dem Gerät ist es egal, ob Sie damit die Heizung regeln, die Weingärung überwachen oder einen Fischfütterungsautomaten programmieren. Die verrücktesten Applikationen sind möglich. Das Produkt ist dadurch auch problemlos für ein Jahrzehnt markttauglich.
Mitte dieses Jahres stehen Hardware-Verbesserungen im Energiemanagement an, so die Ankündigung ...
Fichtenbauer: In diesen Bereichen passiert bei uns tatsächlich sehr viel. Mit unserem Energiezähler und dem ATON-Heizstab haben wir auch im elektrischen Lastmanagement vieles zu bieten.
Wir arbeiten darüber hinaus an einer Regelung für die Ladestation, um überschüssigen Photovoltaik-Strom in der Autobatterie zu speichern. Das Teil ist fast fertig entwickelt, notwendig sind nur noch einige Tests und Nachbesserungen. Über Cora, unseren Funkbus, wäre die Ladestation ans gesamte Haussystem angebunden und so beispielsweise über Mobilgeräte steuerbar.
Neben diesen vielen Projekten gibt es auch aufgrund des erfreulichen Geschäftsverlaufs viel zu tun. Wie lief 2020 und wie wird 2021?
Fichtenbauer: Im Vorjahr hatten wir ein Plus von 22 Prozent, heuer lagen wir bis März um 15 Prozent über dem Vorjahresquartal. Der Zuwachs würde sogar noch höher ausfallen, hätte es nicht Versorgungsengpässe bei Zulieferern gegeben. Wir hatten in einem Monat um 1.500 Displays zu wenig zur Produktion unserer Regler. Ich musste daher die Erstausrüster in der Belieferung bevorzugen. Bei unseren insgesamt 25 Großhändlern bedanke ich mich herzlich für das Verständnis, das sie uns in dieser Situation entgegengebracht haben.
Dennoch gehen wir für heuer von einem Wachstum von zehn bis 15 Prozent aus. Unser Unternehmen lebt generell gut in Krisenzeiten. Spitzenumsätze haben wir schon 2009 erzielt. Damals hatten die Menschen Angst vor einer Inflation und investierten ihr Geld in nachhaltige und energiesparende Produkte. Heute sind sie gezwungenermaßen viel zu Hause und finden sich hier ihre Projekte. Das ist der eine Aspekt – der andere: Wir sind inzwischen viel stärker in der Elektrotechnik tätig, da wir alle Regler mittlerweile schaltschranktauglich anbieten. Auch hier wollen wir wachsen.
Welchen Umsatzanteil fassen Sie für die Elektrotechnik-Sparte ins Auge?
Fichtenbauer: Momentan beträgt der Umsatzanteil zehn Prozent – bei stark steigender Tendenz. Das kann daher rasch auf 30 oder sogar 50 Prozent hochschnellen. Wobei mir persönlich das Wachstum nicht so wichtig ist. Wichtiger sind zufriedene Kunden.
... und der Spaß am Tüfteln, wenn man Ihnen so zuhört.
Fichtenbauer: Ja, wir entwickeln durchaus auch Produkte aus Jux und Tollerei. Bei unserem ATON-Energiemanagementsystem, das sich heute so erfolgreich verkauft, war es so, dass ich mich über einen deutschen Mitbewerber geärgert habe, der etwas Ähnliches – aus meiner Sicht sehr schlecht – umgesetzt hatte. Das war für mich ein Ansporn zu zeigen, dass es besser geht.
In unserem Katalog finden sich viele Produkte, die bei meinen privaten Basteleien entstanden sind. Als ich mir eine Sauna eingerichtet habe, habe ich Leistungsschalter und Lastmanagement selbst entwickelt. Später habe ich einen Schwimmteich in meinem Garten ausheben lassen. Das Pumpensystem und das Management dieses Bioteichs hat dann wiederum zu TA-Produkten von Pegelsonde bis Drucksensor geführt. Wenn ich privat etwas entwickle, denke ich daher immer schon an eine mögliche Eignung für die Serienproduktion.
Sie stammen ursprünglich vom Eaton-Vorgängerunternehmen Felten & Guilleaume, haben sich dann mit intelligenten Lösungen für die Heizungs- und Gebäudetechnik selbständig gemacht und sind nun wieder in der Elektrotechnik angelangt. Schließt sich damit der Kreis?
Fichtenbauer: Bei Felten & Guilleaume war ich auch schon für Sonderprojekte verantwortlich, darunter Zwischenverstärker für die Telefonie und Entwicklungsarbeit an Philips-Diktiergeräten. Mit Roman Zimmel gründete ich dann die Technische Alternative. Unser Hauptbetätigungsfeld fanden wir am Anfang in der Solarthermie, nun gehen wir langsam in die Elektrotechnik. Wir wollen hier nicht groß auftreten, sondern überall dort Produkte anbieten, wo das derzeit Gebotene nicht den Qualitätsstandards entspricht, die wir uns selbst auferlegt haben.
Sind Aktivitäten geplant, um das Geschäft mit den Elektrotechnikern zu pushen, oder warten Sie, dass die Nachfrage von selbst kommt?
Fichtenbauer: Ich warte buchstäblich auf die Nachfrage. Bereits vor Corona ist der Anteil der Elektriker an unseren Seminaren zum Teil bis auf die Hälfte gestiegen. Dabei dauert alleine der Grundlehrgang drei Tage. Das zeigt, dass die Elektrotechniker mittlerweile einen guten Teil der Regeltechnik in den Haushalten übernommen haben.
Das ist auch der Grund, warum ich über unseren Cora-Funk in Zukunft ein Smart Home-System anbieten will, das alle Stückerl spielt. Die Prototypen laufen bereits wirklich gut. Dazu werden wir 40 x 40 mm-Module einführen, die hinter dem Lichtschalter bzw. der Steckdose in der Unterputzdose eingebaut werden. Diese sind mit Sensoren ausgestattet. Integriert sind Aktoren für Lichtdimmung, Jalousiesteuerung und anderes mehr. Die Kommunikation läuft über Cora zum Server, unser Regler ist somit die Schaltstelle. Die Markteinführung ist für Herbst geplant.
Wachsen aus Ihrer Sicht die Gewerke generell zusammen oder wandert die Regeltechnik zu den Elektrikern?
Fichtenbauer: Regeltechnisch tut sich der Installateur schon heute bei einem etwas besser ausgestatteten Haus schwer. Viele haben daher einen Elektrikergesellen, der die Elektroinstallation und die Regeltechnik übernimmt. Selbstverständlich werden die Bereiche zusammenwachsen. Auf die Produkte trifft das auf jeden Fall zu. Ob es auf die Gewerke auch zutrifft, weiß ich nicht.
Vieles geht schon heute Hand in Hand. Früher war der Installateur eher im Keller tätig. Für die Solartechnik musste er aufs Dach, heute installiert er daher oftmals auch Photovoltaik. Den Bereich ab dem Wechselrichter überlässt er dennoch meist dem Elektriker. Diese Zusammenarbeit ist schon heute gelebte Realität.