Umweltverträglichkeitsprüfung : Was die UVP-G-Novelle für die Windkraft bedeutet

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© Massimo Cavallo - stock.adobe.com

Die erste Novelle des UVP-Gesetzes seit dem Jahr 2018 bringt in 132 Ziffern zahlreiche Änderungen. Eine Handvoll ist bloß kosmetischer Natur, die Mehrzahl stellt jedoch tatsächlich neue Spielregeln für die „Champions League“ des Umweltrechts auf.

Ziele verfolgte die Novelle viele: die punktuelle Umsetzung des Regierungsprogramms, Anpassungen aufgrund von Vertragsverletzungsverfahren und der Rechtsprechung, eine Stärkung des Boden- und Klimaschutzes sowie die Beschleunigung der Verfahren im Allgemeinen und der Energiewende-Vorhaben im Besonderen. Dabei sind manche Neuregelungen mehr, andere weniger gelungen.

Als „Vorhaben der Energiewende“ definiert werden …

  • Projekte zur Errichtung, Erweiterung oder Änderung von Anlagen zur Erzeugung, Speicherung oder Leitung erneuerbarer Energien und
  • Projekte des Eisenbahnbaus.

Welche Projektarten konkret davon erfasst sind, erhellen die Materialien zur UVP-G-Novelle.

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Die UVP-G-Novelle bietet Potenzial für mehr Verfahrenseffizienz und Umweltschutz. Der Erneuerbaren-Turbo wird dadurch eher nicht gezündet.
Florian Rathmayer, Universität für Bodenkultur

Die Rechtsfolgen der UVP-G-Novelle

Die Qualifikation als Vorhaben der Energiewende soll drei Folgen nach sich ziehen: Erstens darf eine Abweisung solcher Projekte nicht ausschließlich aufgrund von Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds erfolgen, sofern für den Standort eine Energieraumplanung besteht, die einer strategischen Umweltprüfung (SUP) unterzogen wurde. Zweitens gelten Vorhaben der Energiewende ausdrücklich „als in hohem öffentlichen Interesse“. Aufgrund des Wortlauts des Gesetzestextes spielt beides jedoch nur bei der Gesamtbewertung gemäß § 17 Absatz 5 eine Rolle.

Zumindest etwas schwerer wiegt die dritte Folge der Einordnung als Vorhaben der Energiewende: Die UVP-Behörde hat die aufschiebende Wirkung von Beschwerden gegen Genehmigungsbescheide mit gesondertem Bescheid auszuschließen (Ausschlussbescheid), wenn …

  • die Verletzung der geltend gemachten Rechte nicht hinreichend konkret dargelegt wird,
  • obwohl die vorgebrachte Rechtsverletzung bereits im angefochtenen Bescheid beurteilt wurde.

Durch den neu eingefügten § 17a soll verhindert werden, dass unzureichend substanziierte Beschwerden die rasche Realisierung von Vorhaben verzögern. Beschwerden gegen Ausschlussbescheide haben zwar keinesfalls aufschiebende Wirkung. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht einen Ausschlussbescheid unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für den Ausschluss nicht vorliegen. Dieses Zwischenverfahren birgt ironischerweise neues Verzögerungspotenzial.

Der bedingte Verzicht auf Flächenwidmungen für Windkraftanlagen erleichtert die Genehmigung deutlich.
Nikolaus Handig, Universität für Bodenkultur

Rückenwind & Gegenwind für Windkraftanlagen

Windkraftanlagen erhalten durch den neuen § 4a eine Sonderstellung hinsichtlich der planungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen. Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden:

  • die überörtliche des jeweiligen Bundeslands und
  • die örtliche der jeweiligen Gemeinde (Flächenwidmung).

Eine aktuelle überörtliche Windenergieraumplanung liegt vor, wenn mit Blick auf die Ausbauziele des § 4 EAG (unter anderem 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie bis 2030) ausreichend bestimmte Flächen in Form von Vorrangs- bzw. Eignungszonen verbindlich festgelegt wurden. Besteht eine solche überörtliche Planung, stellt eine fehlende Flächenwidmung kein Genehmigungshindernis dar.

Die Genehmigung von Windkraftanlagen auf Vorrangs- bzw. Eignungszonen ist sodann zulässig, sofern …

  • einerseits die „näheren Vorschreibungen zum Schutz der Rechte Dritter und der öffentlichen Interessen“ und
  • andererseits „zwingende Vorschriften des Unionsrechts“ gewahrt bleiben.

Fehlen sowohl eine aktuelle überörtliche Windenergie-Raumplanung als auch eine entsprechende Flächenwidmung, greift § 4a Absatz 3. Dieser erlaubt die Genehmigung von Windkraftanlagen „an einem gewählten Standort“, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen aus Absatz 2 die Zustimmung der Standortgemeinde(n) nachgewiesen wird.

Kritik
an § 4a kam erwartungsgemäß von den Ländern. Kritisiert wird die Zurückdrängung landesrechtlicher Genehmigungsvoraussetzungen und die Aushebelung der Raumordnungskompetenz der Gemeinden. Dieser Widerstand gefährdet die rechtliche Sonderstellung von Windkraftanlagen in der UVP-G-Novelle. Letzten Endes könnte eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof drohen.

    Zu den Autoren

    Stark gekürzter Auszug des Beitrags „UVP-G-Novelle 2023: grüner und schneller Richtung Energiewende?“ der Fachautoren Nikolaus Handig und Florian Rathmayer (beide: Institut für Rechtswissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien).

    >> Hinweis: Der vollständige Beitrag zur UVP-G-Novelle findet sich in der Manz-Zeitschrift für Wirtschaftsrecht „ecolex“ (ecolex 6/2023).