Schutzmaßnahmen OVE E 8101 und ÖVE-Schutzkonzept erklärt : OVE E 8101: Blackout-Vorsorge bis erneuerbare Energie
Inhalt
- Schutzkonzept: Blackout-Vorsorge & Photovoltaik
- Stufe 1: Basisschutz vor direktem Berühren aktiver Teile
- Stufe 2: Fehlerschutz bei indirektem Berühren
- Stufe 3: Zusatzschutz mit FI-Schutzschalter
- Stufe 4: Schutz gegen Auswirkung von Fehlerlichtbögen mit AFDD
- Prüffristen mit Normenquellen
- Neuerscheinungen: OVE Richtlinie R3, Richtlinie R 2000-7-7N54 & Co.
- Pädagogische Umsetzung: Fachinformationen vermitteln, aber wie?
Teil 1: Anwendung des ÖVE-Schutzkonzeptes bei Blackout-Vorsorge und PV
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Der Fachbereich der Normung und Schutztechnik in Niederspannungsanlagen ist national, in Europa, aber auch international ein sich rasch weiterentwickelndes Spezialgebiet der Physik und Elektrotechnik (vgl. Mörx, 2020).
Dies hängt einerseits mit der stetigen Zunahme der Anwendung der Elektrizität – vor allem auch im Bereich der Blackout-Vorsorge bzw. mit der großen Nachfrage nach erneuerbarer Energie (z. B. Photovoltaik mit Stromspeicher und Notstromumschaltung) aufgrund immenser Preisanstiege der jüngsten Vergangenheit zusammen (vgl. Klima- und Energiefonds, Jahresbericht, 2023); andererseits mit dem „fast unerschütterlichen Glauben von elektrotechnischen Laien, die meinen, dass – unabhängig vom technischen Zustand der Betriebsmittel bzw. der elektrotechnischen Anlage und auch unabhängig von den jeweiligen Umgebungsbedingungen, unter denen Betriebsmittel und Anlagen betrieben werden – Elektrizitätsanwendungen jedenfalls völlig ungefährlich seien“ (Mörx, 2020, S1.).
Dieser Artikel zeigt die Umsetzung der neuen Norm OVE E 8101 in der Praxis mit den oben genannten Schwerpunkten Notstromversorgung und Photovoltaik auf. Ebenso wird auf Prüffristen sowie Neuerscheinungen eingegangen, das Kapitel der pädagogischen Umsetzung zeigt Möglichkeiten auf, diese Thematik in Unterricht, Forschung und Lehre anzubieten und umzusetzen.
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Dieser Artikel zeigt die Umsetzung der neuen Norm OVE E 8101 in der Praxis mit den oben genannten Schwerpunkten Notstromversorgung und Photovoltaik auf.Karl Hofer, Berufsschule Graz-Karlau
Schutzkonzept: Blackout-Vorsorge & Photovoltaik
Die mit 1.1.2019 völlig neu – komplett auf Basis des strukturell und technisch gleichwertigen, harmonisierten europäischen Normungsdokumentes der europäischen Normungsorganisation CENELEC HD 60 364 „Errichtung von Niederspannungsanlagen“ – publizierte OVE E 8101 (OVE, 2023) löste die bisherige gesetzlich verbindliche ÖVE/ÖNORM E 8001 und auch andere Normen ab (z. B. 8002, 8007).
Die OVE E 8101 wurde mit der ETV 2020 mit 8. Juli 2020 als kundgemacht definiert. Dies bedeutet einerseits, dass dieses neue Dokument nicht gesetzlich verbindlich – somit kostenpflichtig – ist, aber – wie Mörx schreibt – „durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt können Bestimmungen für die Elektrotechnik verlautbart werden, deren Anwendung zwar nicht verbindlich ist, bei deren Anwendung aber die Anforderungen an die Sicherheit (ETG, 1992, §3) als erfüllt angesehen werden können“ (Mörx, 2020, S. 3).
Auf die Praxis umgelegt bedeutet dies, dass bei Anwendung und Umsetzung der OVE E 8101 davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage nicht nur normkonform, sondern im Sinne des §3 ETG 1992 auch sicher ist. Alternativ könnte die ausführende Elektrofachkraft auch, wie in ETV 2020 S1 f. unter den §§2 und 4 angeführt, eine schriftlich nachweisliche Risikobeurteilung durchführen und ebenso schriftlich nachweisen, dass die abweichende Ausführung zumindest den gleichen oder einen höheren Sicherheitsstandard erfüllt (ETV, 2020).
Basis der Schutztechnik ist das bisher drei-, heute vierstufige ÖVE-Schutzkonzept. Diese vier Stufen (Basisschutz, Fehlerschutz, zusätzlicher Schutz, Schutz gegen Auswirkung von Fehlerlichtbögen AFDD) stellen die vier Barrieren gegen einen Elektrounfall bzw. gegen einen elektrisch gezündeten Brand dar (OVE E 8101). Die vier Stufen des ÖVE-Schutzkonzeptes nach OVE E 8101 sind bereits beim Planen, sodann bei der Errichtung sowie bei der gemäß ETV 2020 gesetzlich geforderten Erstprüfung und bei der Dokumentation zu Grunde zu legen.
Stufe 1: Basisschutz vor direktem Berühren aktiver Teile
(OVE E 8101, S.133, 411.2)
Dieser stellt den Schutz vor direktem Berühren aktiver Teile dar. Er wird durch Abdeckungen, Gehäuse, Basisisolierung bzw. Montage außer Handbereich (bei Freileitungen) realisiert. Hier ist besonders auf die Wahl der richtigen Materialien sowie auf handwerkliches Geschick und Sorgfalt bei der Errichtung durch die Ausführenden zu achten.
Als Beispiel von PV-Anlagen sei die richtige Wahl von Rohren zum Schutz der DC-Leitungen (ÖVE R11, 2020) genannt. Diese müssen nicht nur allen am Einsatzort (z. B. Hausdach) auftretenden Einflüssen wie beispielsweise extremen Temperaturschwankungen, Witterungseinflüssen und der UV-Strahlung der Sonne dauerhaft standhalten, sondern z. B. Alu- oder Metallrohre an den Enden mit entsprechendem Kantenschutztüllen versehen werden.
Stufe 2: Fehlerschutz bei indirektem Berühren
(OVE E 8101, S.134, 411.3)
Als Fehlerschutz wird der Schutz bei indirektem Berühren bezeichnet. Weist ein elektrisches Betriebsmittel eine Körperschluss auf, so hat eine der in der Norm genannten sieben Fehlerschutzmaßnahmen wirksam zu werden. Laut OVE E 8101 werden diese in Schutzmaßnahmen ohne und mit PE-Leiter eingeteilt. Hier ist vor allem bei Errichtung sogenannter Black-out-Vorsorgen (Ersatzstromversorgungen) auf die normkonforme Ausführung und Funktion des Fehlerschutzes in beiden Schalterstellungen (Netzversorgung sowie Ersatzstromversorgung) zu achten.
In Neuanlagen wird gemäß Nullungsverordnung (NuVo, 1998) meist die Nullung als Fehlerschutzmaßnahme beim Netzbetrieb (Versorgung durch EVU) angewandt. Bei Umschaltung auf Notversorgung können die Notstromquellen (Aggregat, PV-mit Speicher, E-Auto u.a.) die für die Nullung notwendigen Kurzschlussströme (OVE E 8101) meist nicht liefern. Daher ist hierfür eine andere Fehlerschutzmaßnahme anzuwenden. Neben IMDs ist hier die Fehlerstromschutzschaltung am vorteilhaftesten realisierbar. Es sind zwei FI-Schutzschalter in Reihe zu schalten (z. B. 100mA Type S als Fehlerschutz und 30mA Type G als Zusatzschutz). Auch auf die Typenunterteilung A und B ist unter Zugrundelegung der ÖVE 50 178 und entsprechend der Wahl der elektrischen Betriebsmittel zu achten.
Zusätzlich zur Schutzmaßnahme ist auch eine genormte Netzumschalttrenneinrichtung mit Nullzwang (Netz – NULL – Ersatzstrom) vorzusehen. Bei Übergabe der Anlage muss – trotz dieser Zusatzkomponenten wie zweiter FI-Umschalter – eine Platzreserve von 30 Prozent (OVE E 8015, 2022) vorhanden sein. Die angewandte Schutzmaßnahme des Fehlerschutzes ist für beide Schalterstellungen (Netz und Not) in der Dokumentation anzuführen und zu prüfen, wobei die Messwerte für beide Schalterstellungen zu dokumentieren sind.
Vor allem bei Anlagen ohne Nullungsverbindung ist eine Verbindung zwischen der Schutzleiterschiene (PE-Schiene) der Anlage und des Neutralleiters der Einspeisung herzustellen, um im Körperschlussfalle eine geschlossene Fehlerschleife zu haben. Dies lässt sich mit modernen Schutzmaßnahmenprüfgeräten durch eine Schleifenimpedanzmessung ZS(L-PE) belegen. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass diese Messung in beiden Schalterstellungen (vor allem in der Stellung „Ersatzstrom“ kommt es hier oft zu Fehlern) durchzuführen und zu dokumentieren ist.
Werden Aggregate zur Ersatzstromversorgung angewandt, ist besonders auf die Herstellerangaben Bedacht zu nehmen. Nur Aggregate, die ausdrücklich schriftlich vom Hersteller für den Einspeisebetrieb zugelassen und genehmigt sind, dürfen hier eingesetzt werden. Diese Aggregate besitzen eine automatische Spannungsüberwachung und -regelung (AVR, Inverter), welche einen unzulässigen Spannungsanstieg, auch bei unsymmetrischer Last, ausregelt bzw. verhindert (Notstromaggregat, 2023). Vor allem aufgrund der auch in den Medien in letzter Zeit publik gewordenen, leider tödlichen Unfälle durch Kohlenmonoxid sei auf die Aufstellung im Freien (Lüftung muss gewährleistet sein) und die diesbezüglichen Herstellerangaben gesondert hingewiesen (KfV, 2023).
Werden PV-Anlagen gemäß OVE E 8101-7712 installiert, sind Auftraggeber darüber aufzuklären, dass eine Standard-Photovoltaikanlage ohne dafür vorgesehenen Wechselrichter, ohne Umschalter und ohne Speicher keine Notstromfunktion (Blackout-Vorsorge) erfüllen kann. Sollte dies gewünscht sein, sind die genannten Komponenten (Umschalter, Speicher, inselfähiger Wechselrichter) erforderlich sowie die OVE-Richtlinie R 20 und in weiterer Folge die OVE Richtlinie R 30 in Verbindung mit OVE E 8101-7-722, Elektrofahrzeuge und konduktive Ladeeinrichtungen (E-Tankstellen) zu beachten. Desgleichen die Landesgesetzgebungen der jeweiligen Bundesländer, die für Neubauten z. B. verpflichtend eine Solar- (Warmwasseraufbereitung) oder Photovoltaikanlage vorsehen.
Ohne PE-Leiter | Anwendung | Anmerkung |
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Schutzisolierung | Kabel, Betriebsmittel | |
Schutz-Funktionskleinspannung | Bussysteme, Akku | |
Schutztrennung | Aggregate, Rüttler | BA1 (Laien) nur ein BM, wenn 2 oder mehrere BA4 oder BA5 |
Mit PE-Leiter | Anwendung | Anmerkung |
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Schutzerdung | Altbau | antiquiert |
Nullung | in genullten Netzen | Achtung bei Notstrom 2 FI |
Fehlerstromschutzschaltung | Wo keine Nullung möglich ist, TT, keine Nullungsverbindung, Ersatzstromversorgungen | meist 2 FI in Reihe, für Fehler- und Zusatzschutz |
Isolationsüberwachungssystem IMD | medizinisch genutzte Bereiche, Aggregate |
Stufe 3: Zusatzschutz mit FI-Schutzschalter
(OVE E 8101, S.136, 411.3.3)
Der Zusatzschutz wird unter dem neuen Begriff „zusätzlicher Schutz“ beschrieben und fordert für die in den Bestimmungen genannten (End-)Stromkreise den verpflichtenden Einbau eines 30mA FI-Schutzschalters. OVE E 8101 fordert diesen für alle Stromkreise bis 32A mit Steckdosen und für viele Räume und Bereiche besonderer Art wie beispielsweise Badezimmer, Saunen, Schwimmbäder, Stromtankstelle und viele andere mehr.
Obwohl der zusätzliche Schutz „nur“ für Stromkreise mit Steckvorrichtungen bis 20A Nennstrom bzw. auch für Stromkreise bis 32A Nennstrom, aus denen ortsveränderliche Betriebsmittel für die Verwendung im Freien gespeist werden, sowie für Räume besonderer Art gemäß Teil 7 der OVE E 8101 „vorgeschrieben“ ist, schreibt Mörx, es „sollten wo immer möglich auch Stromkreise mit In>20A mit dieser wichtigen Schutzvorkehrung ausgestattet werden“(Mörx, 2020, S. 8).
Stufe 4: Schutz gegen Auswirkung von Fehlerlichtbögen mit AFDD
(OVE E 8101, S.169, 421.7)
Der AFDD (Arc Fault Dedection Device) ist ein Schutzschaltgerät, das vorwiegend serielle Lichtbögen (aber auch parallele) erkennen kann und somit eine Lücke im bisherigen Schutzkonzept schließt. Kurzschlüsse werden von Überstromschutzeinrichtungen erkannt, Körperschlüsse je nach Netz und angewandter Schutzmaßnahme von Fehlerstromschutzschaltern bzw. bei Nullung eben auch von Überstromschutzeinrichtungen.
Einzig Fehler, die von seriellen Lichtbögen herrühren, können weder von Überstromschutzeinrichtungen noch von Fehlerstromschutzschaltern erkannt werden. Diese „Lücke“ schließt der AFDD, der seriell gezündete Lichtbögen erkennen kann und dadurch den betreffenden Stromkreis abschaltet. AFDDs sind ausschließlich 2-polig (230V Ausführung) erhältlich und werden in den Endstromkreis anstelle des Leitungsschutzschalters verbaut (Eaton, 2021).
Gemäß OVE E 8101 Teil 4-42, Seite 2 unter 412.7, sind diese einzubauen für:
- Stromkreise in Schlafräumen von Heimen für behinderte oder alte Menschen (z. B. Senioren- oder Pensionistenheime), Schlafräume von Kindergärten
- Räume oder Orte mit einem Brandrisiko durch verarbeitete oder gelagerte Materialien
Empfohlen werden AFDD für:
- Schlafräume in Wohngebäuden (insbesondere bei Nutzung durch in ihrer Mobilität dauerhaft eingeschränkten Personen infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung)
- Räume oder Orte mit unersetzbaren Gütern (8101, 2019, S. 169).
Teil 2: Prüffristen, Neuerscheinungen & pädagogische Umsetzung
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Prüffristen mit Normenquellen
Das folgende Kapitel stellt die maximalen Fristen für wiederkehrende Anlagen- bzw. auch Betriebsmittelprüfungen unter Angabe der Normenquelle dar. Die ausführende Elektrofachkraft hat diese maximale Prüffrist einerseits auf der Dokumentation zu vermerken, wie dies OVE E 8101 Teil 6 unter 600.4.4.4 sowie unter 600.5.2 fordert, und Anlagenbetreiber*innen darüber auch zu informieren (8101, 2019, S. 499 u. S. 501).
Art Anlage / Betriebsmittel | Max. Frist | Grundlage |
---|---|---|
Privatbereich | 10 Jahre, FI-Prüftaste halbjährlich | Richtlinie R5, 2010, S.8, 6.1 |
Wohnungsneuvermietung | Bei jeder Neuvermietung, FI-Prüftaste halbjährlich | ETV, 2020, S. 2, §7 |
Photovoltaikanlagen | 3 bis max. 5 Jahre | Richtlinie R11, 2013, S. 10, Punkt 8 Ausgabe kundgemacht durch ETV 200/Anhang A2 | Richtlinie R 11, 2022, spricht von regelmäßigen Fristen, gemäß ESV 2012 max. 5 Jahre, da Anlage im Freien |
Stromtankstellen | jährlich, FI-Prüftaste halbjährlich | Richtlinie R30, S. 7, Tab. 1 Zeile 5 |
Ladekabel und Ladeleitungen für Elektroautos (EV 8101-7-722) | Sichtprüfung vor/nach jeder Benutzung | jährlich nach ÖVE/ÖNORM E 8701 | Herstellerangabe | Richtlinie R30, S. 7 Tab. 2 Zeile 3 |
Neuerscheinungen: OVE Richtlinie R3, Richtlinie R 2000-7-7N54 & Co.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick und Anmerkungen zu neu erschienenen normativen Dokumenten und elektrotechnischen Referenzdokumenten. Hier sei vor allem auch gemeinsam mit OVE Richtlinie R3 (Sicherheitsanforderungen an elektrotechnische Labors in Schulen) auf die neue Richtlinie R 2000-7-7N54 für Unterrichtsräume mit Experimentierständen (zum Beispiel Labore, Physiksäle, Werkstättenlaboratorien …) hingewiesen, auch auf nachweislich erforderliche Unterweisungen durch Lehrkräfte (Hofer, 2020).
Dokumen | Inhalt | Anmerkung |
---|---|---|
TAEV 2020 | Spannungsabfall zur Ladestation max. 1% | |
OVE E 8015 | Mindestanforderung | 1.7.2022 |
R 6-2 | PV (Photovoltaik)-Überspannungsschutzgeräte | 1.5.2022 |
R 11-1 | PV – Schutz Einsatzkräfte | 1.5.2022, kundgemacht durch ETV 2020/Anhang 2 Ausgabe 2013 |
R 12-2 | Brandschutz, Ergänzung Leitungen | 1.1.2019 |
R 20 | Energiespeicher | 1.11.2016 |
R 30 | EV (Electrical Vehicle), Elektrofahrzeuge | 1.8.2020 |
R 2000-5-55N01 | Betriebsmittel | 1.8.2020 |
R 2000-7-7N54 | Experimentierstände, Unterrichtsräume | 1.8.2020 |
R 2000-7-7N90 | Garagen, Parkdecks, Unterfluranlagen | 1.8.2020 |
R 2000-7-7N95 | Aufzüge | 1.8.2020 |
R 2000-7-7N96 | Fahrtreppen | 1.8.2020 |
Normen und Richtlinien sind nicht gesondert zu unterrichten, sondern in geeignete Handlungssituationen anwendungsbezogen zu integrieren.Rahmenlehrplan für den Lehrberuf Elektrotechnik
Pädagogische Umsetzung: Fachinformationen vermitteln, aber wie?
Der aktuelle Rahmenlehrplan für den Lehrberuf Elektrotechnik beschreibt unter Punkt IX die besonderen didaktischen Grundsätze: „Normen und Richtlinien sind nicht gesondert zu unterrichten, sondern in geeignete Handlungssituationen anwendungsbezogen zu integrieren.“ (Lehrplan ET, o.J., S. 6). Eine weitere didaktische Forderung besagt, dass die Kompetenzbereiche gegenstandsübergreifend aufzubauen und Team-Absprachen der Lehrenden gefordert sind. Einer gründlichen Erarbeitung in der notwendigen Beschränkung (Prinzip der didaktischen Reduktion) und vor allem der nachhaltigen Festigung ist der Vorzug gegenüber einer oberflächlichen Vielfalt zu geben (Lehrplan ET, o.J., S. 6).
In Beschreibung der Pflichtfachgegenstände findet sich unter den Bildungs- und Lehraufgaben die Forderung, berufseinschlägige Sicherheitsvorschriften zu kennen und Unfallgefahren im beruflichen Alltag zu beschreiben und zu vermeiden (Lehrplan ET, oJ, S. 16). Auf Basis des Lehrplanes lassen sich Normen und Vorschriften auch in den allgemeinbildenden Unterricht der Fachgruppe 1, besonders im Gegenstand Deutsch und Kommunikation, einbauen. Hier nennt der Gesetzgeber Lesen als Schlüsselkompetenz für das lebenslange Lernen und fordert in erster Linie, Texte aus dem beruflichen Umfeld heranzuziehen (Lehrplan ET, oJ, S. 16). Auch Literatur- und Internetrecherchen begleitend zu Projektarbeiten können fächerübergreifend die Thematik der Schutztechnik und Normung behandeln.
Normen und Vorschriften lassen sich durch gewählte Methodenwahl (Mattes, 2011) gut beispielsweise in Arbeitsaufträge, Laborberichte, Internet- und Literaturrecherchen sowie Projektarbeiten integrieren. Eine gute pädagogische Umsetzung ist auch, dass beispielsweise Maschinen (Motoren, Trafos, Generatoren), aber auch andere elektrische Betriebsmittel nach ÖVE/ÖNORM E 8710 überprüft und die Messwerte aufgenommen werden, bevor eine Laborübung begonnen wird. Somit wird einerseits erreicht, dass nur sichere elektrische Betriebsmittel eingesetzt werden (ESV, 2012) und andererseits üben die Lernenden die Prüfung nach ÖVE/ÖNORM E 8701 am Beginn einer jeden Laboreinheit, was wiederum zur im Lehrplan geforderten nachhaltigen Festigung wesentlich beitragen kann. Hier können im Bereich der inneren Differenzierung unter anderem auch Partnerarbeiten zur gegenseitigen Unterstützung und zum Erwerb von Sozialkompetenzen eingesetzt werden (Lehrplan ET, oJ, S. 3).
Auch neue Laborübungen wie beispielsweise Netz-Null-Notumschaltungen bzw. Rückspeisungen über Elektroautos E.V. werden in den Unterricht zu integrieren sein. Mit diesen An- und Herausforderungen sowie Fragestellungen haben und werden sich angehende Pädagog*innen im Bereich der Ausbildung in den Fachwissenschaften zu beschäftigen.
Das Thema der Sicherheit wird in den Curricula des Erweiterungsstudiums Elektrotechnik für Lehrer*innen an PTS (Polytechnischen Schulen) ausführlich behandelt (Curriculum PTS, 2019). Ebenso werden im Studium für Lehrer*innen im Bereich Berufsschulen und HTL-Werkstättenunterricht DATG (Duale Ausbildung Technik und Gewerbe) fachwissenschaftliche Fragestellungen zu erneuerbarer Energie behandelt. Das schließt Fragen der Sicherheit und Normung mit ein (Curriculum, DATG, 2021). Schlussendlich sei noch erwähnt, dass am Grazer Berufsbildungskongress GRABEK 2023 ein Beitrag im offenen Veranstaltungsformat stattfindet, welcher den Unterricht zu Erneuerbarer Energie an einer BS erklärt und präsentiert (Grabek, 2023).
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Literatur
Literaturverzeichnis mit einem Klick auf "Mehr Infos anzeigen" ausklappen:
BGBL. 106/1993; ETG, Elektrotechnikgesetz 1992, idF BGBL I/27/2017.
BGBL. II/33/2012; ESV, Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmer/innen vor Gefahren durch den elektrischen Strom sowie Änderung der Bauarbeiterschutzverordnung und der Verordnung explosionsfähige Atmosphären.
BGBL. /II/308/2020/; ETV, Elektrotechnikverordnung 2020.
BGBL. 322/1998; NuVo, Nullungsverordnung.
Curriculum für das Bachelorstudium Lehramt Sekundarstufe Berufsbildung im Fachbereich Duale Berufsausbildung sowie Technik und Gewerbe Verordnung des Hochschulkollegiums der Pädagogischen Hochschule Steiermark vom 19.05.2021, online auf: https://www.phst.at/fileadmin/... [abgerufen am 19.02.2023].
Curriculum für das Erweiterungsstudium Polytechnische Schule – Berufsgrundbildung: Cluster Technik, Fachbereich Elektro Verordnung des Hochschulkollegiums der Pädagogischen Hochschule Steiermark vom 30.01.2019, online auf: https://www.phst.at/fileadmin/... [abgerufen am 19.02.2023].
Eaton, 2021, AFFD+ Sortimentsbroschüre, online auf: https://www.eaton.com/content/... [abgerufen am 19.02.2023].
Grabek, 2023; Grazer Berufsbildungskongress; online auf: https://www.conftool.net/beruf... [abgerufen am 19.02.2023].
Hofer, K., 2020, Arbeitsanweisung - Elektrosicherheit im Unterricht – Labor, Weka-Verlag, Wien.
Kuratorium für Verkehrssicherheit, Kohlenmonoxidfalle, 2023, online auf: https://www.kfv.at/toedliche-k...
[abgerufen am 24.02.2022].
Klima- und Energiefonds, Jahresbericht- und Jahresprogramm, 2023, online auf: https://www.klimafonds.gv.at/ [abgerufen am 24.02.2023].
Lehrplan für den Lehrberuf Elektrotechnik, Anlage 33 online auf https://www.ris.bka.gv.at/Doku...[abgerufen am 20.02.2022].
Mattes, W., 2011, Methoden für den Unterricht, Paderborn.
Mörx, A., 2020, Ausgewählte Kapitel der Schutztechnik in Niederspannungsanlagen, Wien.
Notstromaggregat, 2023, online auf: https://www.notstromaggregat.c... [abgerufen am 25.02.2023].
OVE, 2023, online auf: https://www.ove.at/presse/deta... [abgerufen am 19.02.2023].
OVE E 8101, 2019, Elektrische Niederspannungsanlagen; ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
ÖVE EN 50178, 1998, Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln; ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE E 8015, 2022, Elektrische Anlagen in Wohngebäuden - Art und Umfang der Mindestausstattung sowie zusätzliche Anforderungen an Planung und Errichtung, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE Richtlinie R3, 2009, Sicherheitsanforderungen an elektrotechnische Labors in Schulen, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 5, 2010, Bedienen und Erhalten des ordnungsgemäßen Zustandes von elektrischen Anlagen durch Laien – Festlegungen für Anlagen mit Nennwechselspannungen bis 230/400 V, die für den Gebrauch durch Laien installiert wurden, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 6-2-2, 2022, Blitz- und Überspannungsschutz -- Teil 2-2: Photovoltaikanlagen - Auswahl und Anwendungsgrundsätze an Überspannungsschutzgeräte, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 7, 2011, Luftdichte Gebäudehülle – Richtlinien für die Elektroinstallation, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 11-1, 2013, PV-Anlagen – Zusätzliche Sicherheitsanforderungen -- Teil 1: Anforderungen zum Schutz von Einsatzkräften der Feuerwehr, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 11-1, 2022, PV-Anlagen – Zusätzliche Sicherheitsanforderungen -- Teil 1: Anforderungen zum Schutz von Einsatzkräften der Feuerwehr, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 12-2, 2019, Brandschutz in elektrischen Anlagen - Teil 2: Ergänzende brandschutztechnische Anforderungen an elektrische Betriebsstätten und an elektrische Kabel- und Leitungsanlagen in elektrischen Niederspannungsanlagen, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 20, 2016, Stationäre elektrische Energiespeichersysteme vorgesehen zum Festanschluss an das Niederspannungsnetz, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 30, 2020, Sicherer Betrieb von elektrischen, konduktiven Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge mit einer Nennspannung bis AC 1000 V und DC 1500 V, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 2000-5-55N01, 2022, Elektrische Niederspannungsanlagen -- Ergänzungen zu OVE E 8101:2019 Teil 55N01: Anforderungen für die Auswahl und Installation von elektrischen Betriebsmitteln, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 2000-7-7N54, 2022, Elektrische Niederspannungsanlagen -- Ergänzungen zu OVE E 8101:2019 -- Teil 7N54: Stromversorgung von ortsfesten Experimentierständen in Unterrichtsräumen, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 2000-7-7N90, 2022, Elektrische Niederspannungsanlagen -- Ergänzungen zu OVE E 8101:2019 -- Teil 7N90: Garagen, überdachte Stellplätze, Parkdecks sowie Arbeitsgruben oder Unterfluranlage, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 2000-7-7N95, 2022, Elektrische Niederspannungsanlagen -- Ergänzungen zu OVE E 8101:2019 -- Teil 7N95: Stromversorgung von Aufzügen, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
OVE-Richtlinie R 2000-7-7N96, 2022, Elektrische Niederspannungsanlagen -- Ergänzungen zu OVE E 8101:2019 -- Teil 7N96: Stromversorgung von Fahrtreppen und Fahrsteige, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.
TAEV, 2020, Technischen Anschlussbedingungen für den Anschluss an öffentliche Versorgungsnetze mit Betriebsspannungen bis 1000 Volt, ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien.