Forschung : Solarzellen aus 100 Prozent recyceltem Silizium
Mit 78 Millionen Tonne PV-Abfall weltweit rechnet eine internationale Studie bis 2050. Gleichzeitig erfordern die Klimaziele jedoch einen massiven PV-Ausbau - kann Recycling hier die Lösung sein? Gewisse Rohstoffe alter Solarzellen können bereits gut recycelt werden, bei einigen happert es aber noch. Ein Forschungsprojekt des deutschen Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit Reiling, dem größten deutschen Recyclingunternehmen für PV-Module, zeigt eine Lösung auf, um auch das Silizium von Solarzellen zu recyceln: Silizium der Module wurde im industriellen Maßstab wiederverwertet und zur Herstellung neuer PERC-Solarzellen - Zellen mit passivierter Emissionselektrode und Rückseite - genutzt. Silizium ist als Halbleiter-Material ein wichtiger Bestandteil von Solarzellen.
Relevant für die Praxis
Eine Arbeitsgruppe am Fraunhofer CSP hat mit der Reiling deshalb ein Verfahren entwickelt, mit dem das Silizium zurückgewonnen werden kann. Möglich ist damit das Recycling sämtlicher kristalliner Silizium-PV-Module, unabhängig von Hersteller und Herkunft. Dazu Prof. Dr. Peter Dold, Projektleiter am Fraunhofer CSP: „Sonst wäre das für die Recyclingunternehmen ein viel zu großer Aufwand. Es war uns wichtig, einen skalierbaren Prozess zu entwickeln, der auch wirtschaftlich Sinn macht. Im Labor ist vieles möglich, aber unser neues Verfahren sollte sich für die Recyclingindustrie in der Praxis bewähren." Für das Verfahren werden aus Nebenprodukten des bereits etablierten mechanischen Aufbereitungsprozesses die Solarzellenbruchstücke abgetrennt und gesammelt. Die Zellbruchstücke im Größenbereich von 0,1 bis 1 Millimeter werden am Fraunhofer CSP im ersten Schritt durch verschiedene Sortierverfahren von Glas und Kunststoff befreit. Danach erfolgt durch nasschemisches Ätzen die schrittweise Entfernung des Rückseitenkontaktes, der Silberkontakte, der Antireflexschicht und letztendlich des Emitters. Das derart aufgereinigte Silizium wird in Standardprozessen zu monokristallinen oder quasi-monokristallinen Ingots verarbeitet und anschließend zu Wafern weiterprozessiert.
Die Kristallisation erfolgt mit 100 Prozent Recycling-Silizium ohne Zusatz von kommerziellem Reinstsilizium. Die Wafer wurden am Fraunhofer ISE im PV-TEC zu PERC-Solarzellen verarbeitet, deren Zellwirkungsgrad im ersten Versuch bei 19,7 Prozent lag. „Das liegt unter dem Wirkungsgrad heutiger Premium PERC-Solarzellen mit circa 22,2 Prozent Wirkungsgrad, aber mit Sicherheit über dem der Solarzellen in den alten, ausgemusterten Modulen", setzt Dold die ersten Ergebnisse in Kontext.