Energiegemeinschaft "Sonnenwein" : Strom zu Wein

Markus Huber und Valentin Neuhauser stoßen auf ihr Energieprojekt an.

Markus Huber und Valentin Neuhauser stoßen auf ihr Energieprojekt an.

- © ECO Neuhauser GmbH

Die Einspeisetarife für Strom fallen seit Jahresbeginn 2024: Zahlte die Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) im Jänner noch rund 8,14 Cent pro Kilowattstunde, waren es im April nur noch rund 4,66 Cent. Wohin nun mit dem Überschussstrom aus der PV-Anlage? Neben einem Verkauf an die OeMAG ist es auch möglich, Strom an gewisse Energieversorgungsunternehmen liefern – zur Abnahme verpflichtet ist jedoch nur die Ökostromabwicklungsstelle. Aber es gibt auch eine dritte Option: Das Eintreten in eine Energiegemeinschaft – und damit vielleicht eine Bezahlung der anderen Art.

Daruter fällt etwa das Projekt "Sonnenwein", initiiert von Winzer Markus Huber aus dem niederösterreichischen Reichersdorf gemeinsam mit Valentin Neuhauser von ECO Neuhauser. Es ermöglicht Teilnehmer*innen, den Strom ihrer privaten Photovoltaikanlagen direkt in die Weinproduktion einzubringen. Nach der Pilotphase in Niederösterreich können jetzt Haushalte aus ganz Österreich an der Energiegemeinschaft teilhaben.
>> Immer up to date mit Meinungen und News aus der Branche sein? Abonnieren Sie unseren Newsletter – mit uns bleiben Sie informiert!
Hier geht’s zur Anmeldung

Volt gegen Veltliner

Die stromerzeugenden Mitglieder der Energiegemeinschaft "Sonnenwein" bringen ihren überschüssigen Sonnenstrom in die Weinproduktion ein und erhalten im Gegenzug Wein. „Die Kraft der Sonne verbindet sich mit der Leidenschaft für exzellenten Bio-Wein", fasst Huber das Konzept zusammen. Jede*r, der Strom zur Verfügung stellt, wird mit Wein und Saft entlohnt: Für jede beigesteuerte Kilowattstunde erhalten Mitglieder den doppelten jährlich gemittelten Marktvergütungssatz, jedoch maximal 14 Cent pro kWh, in Form eines Wertgutscheins, der im Online-Shop des Weinguts eingelöst werden kann. Teilnahmeberechtigt sind Überschussanlagen, die nicht betrieblich genutzt werden. Verwaltet und abgewickelt wird die Bürgerenergiegemeinschaft über die Energieplattform von enixi.

„Das Projekt Sonnenwein verändert die Art und Weise, wie wir Energiegemeinschaften denken und soll ein zusätzlicher Anreiz sein, alle potenziellen Dächer für die Stromerzeugung zu nutzen", ergänzt Neuhauser. Das Projekt adressiert darüber hinaus auch eine weitere Problemstellung: Laut Netzbetreiber Netz Niederösterreich sorgt die Einspeisung von bis zu 4.000 unangemeldeten Photovoltaik-Anlagen im Bundesland für Probleme in der Netzstabilität. Durch die offizielle Anmeldung dieser Anlagen könnten die Besitzer*innen ihren Strom in das Projekt einbringen, appelliert die Energiegemeinschaft. Für 600 kWh würde das bei den aktuellen Preisen jährlich bis zu ein Karton (6 Flaschen) Bio-Wein bringen.

Das Weingut Huber aus der Luft
Das Weingut Huber aus der Luft - © Markus Huber

Die Sache mit den "Guerilla-PV-Anlagen"

Mitte April schlug die EVN Tochter Netz NÖ Alarm: Im Bundesland seien tausende unbewilligte PV-Anlagen am Netz. „Photovoltaik-Anlagen ohne gültigem Netzzutrittsvertrag sind weiter verbreitet als bisher angenommen“, erläuterte Netz NÖ Experte Kurt Reinagel. „In unserem Netzgebiet speisen schätzungsweise 2.000-4.000 der sogenannten 'wilden' PV-Anlagen ein.“ Viele dieser Sonnenkraftwerke sind sogenannte Balkonmodule, es seien aber auch zahlreiche große Anlagen darunter. Wie viele Anlagen es genau sind und wie sie verteilt sind, lässt sich aber nur schwer bestimmen.

Jede PV-Anlage führt wiederum zu Spannungsanhebungen im Stromnetz. Da unbewilligte Anlagen nicht in die Netzberechnungen miteinfließen können, kommt das Netz früher an seine technischen Grenzen. Und das möglicherweise auch unerwartet. „Im schlimmsten Fall kann es zu Stromausfällen kommen“, so Reinagel. Darüber hinaus verursachen diese Anlagen Kosten für die erforderliche Netzstabilität sowie bei der Beschaffung von Regelenergie, da diese Kraftwerke nicht in der Erzeugungsprognose enthalten sind.

Unbewilligte Anlagen haben aber auch für den Anlagenbetreiber*innen selbst Nachteile. So haften sie für mögliche Schäden, die durch eine nicht bewilligte Anlage entstehen. „Und zu guter Letzt wird der erzeugte Strom hergeschenkt“, erläutert Reinagel. Denn Anlagenbetreiber*innen, die ihren Strom einspeisen wollen, brauchen einen Energielieferanten, der den erzeugten Strom abkauft. Balkonmodule können einfach online beim Netzbetreiber angemeldet werden, dafür ist auch kein Stromabnahmevertrag nötig, da Balkonkraftwerke für die Abdeckung des Eigenverbrauchs vorgesehen sind.