NEUERÖFFNUNG VON MY-PV : Der Prophet im eigenen Land
Dass der Prophet im eigenen Land wenig gilt, weiß man aus Zeiten des Neuen Testaments. Mit seiner „solarelektrischen Vision“ möchte auch my-PV-Gründer Gerhard Rimpler nichts Geringeres als das Testament der Klima- und Energiewende neu aufsetzen.
Der Optimismus ist wohl begründet: 1995 baute Rimpler den Photovoltaik-Bereich bei Fronius mit drei Mitarbeitern auf. „Damals wurden wir noch als Exoten verlacht“, erinnert er sich. „PV gab’s zu der Zeit fast nur bei Almhütten und in der Dritten Welt.“ Rimpler entwarf – aus damaliger Sicht – hochoptimistische Sonnenstrom-Szenarien mit Blick auf 2050. Die Entwicklung, wie sie sich nun aus den gesetzten politischen Rahmenbedingungen ergibt, habe er damit jedoch „um den Faktor Zehn unterschätzt“, bekennt er.
2011 machte sich Rimpler mit my-PV selbständig. 2014 begann mit der Markteinführung des Warmwasserbereitungsgerätes ELWA die Story als Hersteller. „Obwohl sich das Produkt seitdem kaum verändert hat, ist es bis heute unser Flaggschiff“, erklärt Produktmanager Reinhard Hofstätter. 2018 kam der AC-THOR zum Sortiment hinzu, ein stufenlos geregelter Photovoltaik-Power-Manager für Warmwasser, elektrische Wärmequellen und optionale Heizung.
Das Unternehmen verwendet diese Produkte selbstverständlich auch im eigenen Firmengebäude im oberösterreichischen Neuzeug. Das Grundprinzip lautete dabei: „so viel PV, wie geht“. Das Gebäude in Holzriegelbauweise wurde quasi unter dem zuvor entworfenen Raster aus PV-Modulen errichtet. 300 Solarmodule mit insgesamt 100 kWp wurden am Dach und an den Fassaden angebracht. Die elektrische Fußbodenheizung ist in eine monolithische Fundamentplatte integriert.
Auf Wachstum ausgelegt
Mit einer Bruttofläche von 858 Quadratmetern verfünffacht my-PV die Produktionskapazität und spart dabei zugleich 67 Prozent der Betriebskosten. Das Gebäude ist auf 60 Mitarbeiter und damit auf das geplante Wachstum der Zukunft ausgerichtet. Derzeit beschäftigt my-PV 35 Mitarbeiter, sieben wurden zuletzt in Entwicklung, Reparatur und Service neu eingestellt.
Der 2019er-Umsatz von 2 Mio. Euro konnte bereits im darauffolgenden Jahr verdoppelt werden. Heuer wäre sich abermals eine Verdoppelung ausgegangen, wäre da nicht die allgemeine Materialknappheit, bedauert Gesellschafter und Vertriebsleiter Markus Gundendorfer: „Es fehlt an Platinen, Heizstäben, zum Teil sogar an banalen Dingen wie Gummitüllen. So, wie’s derzeit aussieht, werden manche dieser Engpässe bis ins nächste Jahr hinein andauern.“
Das Geschäft macht my-PV vorerst primär in Deutschland. Die Exportquote beträgt 91 Prozent. Der Grund: Deutschland hat ein gutes Jahrzehnt „Vorsprung“ gegenüber Österreich im PV-Bereich, hier laufen Förderungen aus. Aufgrund einer Null-Einspeise-Regelung müssen Wechselrichter per Vorschrift abregeln, was einem Einspeiseverbot gleichkommt. In Australien, das sich für my-PV ebenfalls positiv entwickelt, gelten regional negative Einspeisetarife. Haushalte streben daher nach Eigenverbrauchsoptimierung und so auch Sektorkoppelung zu Warmwasser und Heizung.
Politik ist gefordert
Gerade im Hinblick auf letzteres Thema liegt bei den politischen Rahmenbedingungen hierzulande noch einiges im Argen. Beispiel Oberösterreich, wo elektrische Heizungsanlagen als Hauptheizsysteme für Wohnbauförderung und Energieausweis ein No-Go sind. Gundendorfer hatte die politischen Entscheidungsträger zu einer Diskussionsrunde eingeladen und sprach das Thema öffentlich an. Zumindest an Absichtserklärungen fehlte es nicht: „Da muss sich etwas ändern im Land Oberösterreich!“, hielt Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner fest. „Warum Elektromobilität positiv, Heizen mit Strom aber negativ besetzt ist, habe ich nie verstanden.“ Diesbezüglich war er sich einig mit dem oberösterreichischen ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel, der auf Technologieoffenheit setzt: „Wir kennen die Problematik. Nun müssen wir eine gesetzliche Fassung finden, die auch bei rechtlichen Anfechtungen hält.“