Bauordnungsnovellen 2023 : Volle Ladung für PV & E-Mobilität

Mit der Novelle 2023 wurden erstmals Verpflichtungen zur Installation von PV-Anlagen in die Bauverordnung des Burgenlands aufgenommen.

Mit der Novelle 2023 wurden erstmals Verpflichtungen zur Installation von PV-Anlagen in die Bauverordnung des Burgenlands aufgenommen.

- © PVA

Im Burgenland und in Wien wurden jüngst die Bauordnungen novelliert. Die Novellen beinhalten unter anderem Verpflichtungen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen sowie Verschärfungen bei der verpflichtenden Errichtung privater Ladepunkte. Stephan Cejka, Research Scientist bei der Siemens AG Österreich, gibt einen Überblick.

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Teilweise sehen die Bauordnungsnovellen die Nachrüstung von Bestandsgebäuden vor. Weitere Verpflichtungen dürften gemäß den Richtlinien-Entwürfen der EU folgen.
Stephan Cejka, Siemens AG

Photovoltaik im Burgenland

Durch die Novelle 2023 wurden erstmals Verpflichtungen zur Installation von PV-Anlagen in die Bauverordnung des Burgenlands aufgenommen: Bei Neubauten von Wohnhausanlagen mit mindestens vier Wohnungen sind – mit wenigen in der Novelle definierten Ausnahmen – PV-Anlagen mit einer Nennleistung von mindestens 2 Kilowatt peak je 100 Quadratmeter konditionierter Brutto-Grundfläche zu errichten. Bei Neubauten und größeren Renovierungen von Ein-, Zwei-, Mehrfamilien- und Reihenhäusern sind bauliche und elektrotechnische Maßnahmen für eine spätere Installation vorzusehen.

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Photovoltaik in Wien

Ziel der Stadt Wien ist eine Vervielfachung der PV-Leistung im Stadtgebiet auf 800 Megawatt peak im Jahr 2030. Nach der Novelle 2020 wurden die Anforderungen für PV-Anlagen daher nun neuerlich erhöht.

Weiterhin ist beim Neubau von Nichtwohngebäuden die Errichtung von PV-Anlagen mit einer Spitzennennleistung von einem Kilowatt peak je 100 Quadratmeter konditionierter Brutto-Grundfläche vorgesehen. Die bislang mögliche Reduktion um 0,3 Kilowatt peak pro 100 Quadratmeter durch Erfüllung von Effizienzmaßnahmen entfällt. In bestimmten Ausnahmefällen kann die Verpflichtung erfüllt werden, indem erforderliche PV-Anlagen auf Ersatzflächen im Gemeindegebiet errichtet werden.

Beim Neubau von Wohngebäuden ist nunmehr eine Spitzennennleistung von einem Kilowatt peak je 150 Quadratmetern konditionierter Brutto-Grundfläche erforderlich, was einer Verdoppelung der bisherigen Verpflichtungen gleichkommt. Bisher konnte die Verpflichtung in Ausnahmefällen entfallen, nun gilt auch hier eine Ersatzflächenregelung wie im Fall der Nichtwohngebäude. Ebenso entfällt die bisherige Ausnahme für Wohngebäude der Bauklasse I, die nicht mehr als zwei Wohnungen enthalten, sowie für Kleingartenhäuser und Kleingartenwohnhäuser.

PV im Bundesländer-Vergleich

Solarverpflichtungen finden sich derzeit bereits in der Steiermark bei Wohngebäuden mit mehr als 100 Quadratmetern sowie bei Nichtwohngebäuden mit mehr als 250 Quadratmetern Bruttogesamtfläche. Ebenso in Niederösterreich bei einer bebauten Fläche von mehr als 300 Quadratmetern, bei Errichtung einer Klimaanlage oder unter Umständen für Handelsbetriebe bei Überschreitung der Stellplätze im Freien.

Ladepunkt, Leitungsinfrastruktur, Leerverrohrung – Wien und das Burgenland haben bei den gesetzlichen Vorgaben nachgeschärft.

- © go-e

E-Mobilität im Burgenland

Unverändert ist beim Neubau und bei größeren Renovierungen von Wohngebäuden für jeden Stellplatz die Leitungsinfrastruktur zumindest vorzubereiten. Beim Neubau und bei größeren Renovierungen von Nichtwohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen ist zumindest für jeden fünften Stellplatz die Leitungsinfrastruktur vorzusehen. Die Minimalforderungen für Ladepunkte und deren Leistung ergeben sich aus der Anzahl der Stellplätze, wie die folgende Tabelle aufschlüsselt:

Parkplätze Ladepunkte Gesamtleistung mind. 1 Ladepunkt mit …
10 bis 20 1 22 kW 22 kW
bis 50 2 47 kW > 22 kW
bis 100 3 58 kW > 22 kW
bis 200 4 69 kW > 22 kW
bis 400 8 138 kW > 50 kW
> 400 12 182 kW > 50 kW

Stellplätze in Wien

Die Stellplatzverpflichtung sah bisher einen Stellplatz pro 100 Quadratmeter Wohnfläche bzw. – bei Nichtwohngebäuden – pro 100 Quadratmeter Aufenthaltsraum vor. Reduzieren kann sich diese Verpflichtung nunmehr entsprechend der Anbindung an den öffentlichen Verkehr:

  • Zone 1 (im Radius von 500 Metern um U-Bahn-Stationen – nahezu flächendeckend, die Bezirke 1 bis 9 und 20): Reduktion auf 70 Prozent
  • Zone 2 (im Radius von 300 Metern um S-Bahn- und Straßenbahn-Stationen, sofern nicht bereits Zone 1): Reduktion auf 80 Prozent
  • Zone 3 (übriges Stadtgebiet): 100 Prozent

Durch bestimmte Maßnahmen kann die Verpflichtung maximal um zusätzliche zehn Prozent gesenkt werden: Für einen Stellplatz mit Car-Sharing-Angebot reduziert sie sich um fünf Stellplätze; weiters um einen Stellplatz für jeweils vier Ladepunkte, die über die Vorgaben hinausgehen. Pro nicht errichtetem Pflichtstellplatz wird eine Ausgleichsabgabe von maximal 25.000 Euro fällig.

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E-Mobilität in Wien

Durch die Novelle entfällt die baubehördliche Bewilligung für Normalladepunkte bis 22 Kilowatt in Bauwerken. Beim Neubau und bei größeren Renovierungen von Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen ist für je zehn Stellplätze mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Weiterhin gültig ist auch die Verpflichtung, Leerverrohrung für alle Stellplätze vorzusehen.

Aufrecht bleiben die Regelungen bei Neubau und größeren Renovierungen von Nichtwohngebäuden. Verfügt das Gebäude über mehr als zehn Stellplätze, ist mindestens für jeden zehnten Stellplatz ein Ladepunkt sowie für jeden fünften Stellplatz Leerverrohrung vorzusehen.

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Neu ist die Nachrüstverpflichtung bei bestehenden Nichtwohngebäuden mit mehr als 20 Stellplätzen: Je zehn Stellplätze ist bei diesen bis Ende 2029 mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Erstmals ist auch die Errichtung eines Fahrradabstellplatzes (von 2,4 Quadratmetern) je 30 Quadratmeter Wohnfläche verpflichtend. Dabei ist für eine „angemessene Anzahl“ von Ladeplätzen für E-Bikes zu sorgen. Eine derartige Regelung gab es zuvor nur in Vorarlberg. Ähnliches ist bei Büro- und Geschäftsgebäuden zu berücksichtigen.

E-Mobilität im Bundesländer-Vergleich

Die Bestimmungen sind in den Bundesländern höchst unterschiedlich ausgestaltet. Die meisten Länder fordern allgemein Ladepunkte – somit Normalladepunkte mit einer Leistung von bis zu 22 Kilowatt. Nur wenige Länder fordern so wie das Burgenland explizit auch Schnellladepunkte.

Eine Nachrüstverpflichtung bei bestehenden Nichtwohngebäuden gibt es in Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg – sowie nunmehr auch in Wien. Mit der Novellierung der Oberösterreichischen Bautechnik-Verordnung im Jahr 2022 ist zudem bei mehr als 20 Stellplätzen bis 2025 die Nachrüstung von mindestens einem Ladepunkt mit einer Mindestleistung von 11 Kilowatt verpflichtend.

Lesetipp für Interessierte

Beim Beitrag handelt es sich um einen gekürzten und bearbeiteten Auszug des Textes „Die Energie- und Mobilitätswende in den Bauordnungsnovellen 2023“ von Stephan Cejka. Der vollständige Beitrag, der unter anderem die Entwicklungen im EU-Recht skizziert, findet sich in Ausgabe 2/2024 der Manz-Zeitschrift „Recht der Umwelt“ (RdU).

Ausgabe 2/2024 der Manz-Zeitschrift „Recht der Umwelt“
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