Wasserkraftwerk Stegenwald : Innovatives Anlagenkonzept für Laufwasserkraftwerke

Aufstau in Stegenwald

Aufstau in Stegenwald

- © VERBUND

Ende April wurden beim Salzachkraftwerk Stegenwald, einem Gemeinschaftsprojekt von Verbund und Salzburg AG, die nächsten Meilensteine erreicht. Anfang des Monats wurde der Stauraum erstmals mit Wasser gefüllt und nach Ostern der erste der beiden Maschinensätze mit dem öffentlichen Stromnetz synchronisiert, das heißt, es wurde das erste Mal Strom produziert und eingespeist. Die feierliche Eröffnung des Laufwasserkraftwerks mit der längsten Fischwanderhilfe an der Salzach ist für September geplant. 

Die Synchronisierung des Generators mit dem Stromnetz ist ein wichtiger und heikler Vorgang in der Stromerzeugung. Dieser kann nicht einfach per Knopfdruck an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Zuvor müssen die unterschiedlichen Frequenzen, Spannungen und Phasenlagen genau übereinstimmen. Sollten die Werte nicht synchron sein, kann es zu erheblichen Schäden durch enorme Stromstöße am Maschinensatz kommen. Darum ist hier eine genaue Planung gefordert: „Das Zusammenspiel der vielen hydraulischen und elektrotechnischen Komponenten wurde zuvor in wochenlanger, akribischer Arbeit getestet, zuerst im trockenen Anlagenzustand, später mit Wasser“, weiß Rudolf Palzenberger, Projektleiter für Anlagenbau bei Verbund. Der zweite Maschinensatz des Salzachkraftwerk Stegenwald soll ebenfalls bald ans Netz gehen.

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Vertikal mal horizontal

„Um das Wasser auf die Turbinen leiten zu können, musste zuvor mit dem Aufstau der Salzach begonnen werden. Die Befüllung des Stauraums erfolgte Anfang April gemäß der Stauplanung in drei Schritten, verteilt über eineinhalb Wochen. Die Zeit wurde genutzt, um die notwendigen Dichtheitskontrollen an den Dämmen durchzuführen“, erklärt der stellvertretende Projektleiter Herwig Berkenhoff von der Salzburg AG. Aufgrund der aktuellen niedrigeren Wasserführung und der notwendigen Restdotation der Salzach wurde langsam mit rund 1 cm pro Stunde aufgestaut. 

Mitte April wurde der letzte Meter zum Stauziel von 501,10 Meter über der Adria erreicht. Das Kraftwerk Stegenwald hat im Betrieb eine Fallhöhe von 8,4 Metern und wird knapp 74 Millionen Kilowattstunden erneuerbaren Strom aus Wasserkraft erzeugen. Damit können jährlich rund 20.000 Haushalte die nächsten 90 Jahre versorgt werden. Bis das Kraftwerk im September 2025 vollständig fertiggestellt wird, bleibt bis es weiterhin im Probebetrieb.

>>> Erneuerbaren-Ressourcen für 2025 aufgebraucht

Für das Salzachkraftwerk Stegenwald wird zudem erstmalig ein neu entwickeltes, innovatives Anlagenkonzept umgesetzt, welches richtungweisend für zukünftige mittlere Laufwasserkraftwerke sein kann. Zum ersten Mal werden hier zwei vertikale Kaplanturbinen horizontal, also liegend, eingebaut. Das Wasser wird somit nicht von vorne, sondern von oben zur Turbine geleitet. Womit auch der Generator nicht, wie in Laufwasserkraftwerken üblich, oben auf der Turbine, sondern davor situiert ist. Damit kann im Betrieb auch das Maschinenhaus überströmt und zur Hochwasserabfuhr verwendet werden. 

Das Resultat ist, dass das Kraftwerk im Hochwasserfall 20 Prozent mehr Wasser abführen kann, als es mit einem dritten Wehrfeld möglich gewesen wäre. Ein weiterer Vorteil dieser Kombination ergibt sich in der kompakten, kosteneffizienten Bauweise und raschen Umsetzung. Im Vergleich zu einem klassischen Flusskraftwerk reduziert sich die Bauzeit um ein Viertel. Von der überströmten Anlage ist nur mehr die Wehrbrücke sichtbar, der Rest der Anlage liegt unter Wasser.

Aufstau Stegenwald
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Neues Flussbett für die Salzach

Bereits im Februar wurde damit begonnen, die Salzach in ein neues Bett zum Krafthaus umzuleiten. Das alte Flussbett wird in ein naturnahes und fischfreundliches Umgehungsgewässer umgebaut. Das Kraftwerk Stegenwald ist in einer sogenannten Trockenbauweise neben der ursprünglichen Salzach errichtet. Anders, als bei bisherigen Kraftwerksbaustellen, ist damit eine Umleitung des Flusses mit Projektbeginn nicht erforderlich - diese erfolgt erst kurz vor Fertigstellung des Kraftwerks.

Über eine Strecke von rund 500 Metern und einer Breite von bis zu 60 Metern wird eine Fischwanderhilfe mit ihren Uferbereichen neuen Lebensraum für Fische, Tier- und Vogelwelt schaffen. Das Umgehungsgewässer wird dynamisch mit 2.000 bis 5.000 Litern pro Sekunde Wasser gespeist. Bevor mit den ökologischen Umbauarbeiten im alten Salzachbett begonnen wurde, wurden die dort noch befindlichen Fische abgesammelt und einige Kilometer flussauf im Bereich Sulzau wieder eingesetzt.