Mandy Schipke von Novum im Interview : „Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck"

Mandy Schipke, NOVUM

Novum-Geschäftsführerin Mandy Schipke

- © Anne Schwerin

Zum 10-jährigen Jubiläum des deutschen KI-Unternehmens Novum lässt CEO und Teil des dreiköpfigen Gründerteams Mandy Schipke die vergangenen Jahre Revue passieren – von den ersten Ideen bis zu aktuellen Entwicklungen und den Zielen, die sich Novum für die Zukunft gesetzt hat.

Hätten Sie vor 10 Jahren gedacht, dass Novum sich bis heute so erfolgreich entwickelt?

Mandy Schipke: Vor 10 Jahren hatten meine Mitgründer Jens, Sören und ich nicht viel mehr als die Vision, in einer Welt zu leben, die nachhaltig ist und auch der nächsten Generation eine schöne Zukunft ermöglicht. Uns ging der Fortschritt der Energiewende schon damals nicht schnell genug. Es wurde pausenlos diskutiert, aber nichts passierte. Das wollten wir ändern – am besten so, dass wir dafür keine politischen Regulierungen oder andere “Bremsklötze” brauchen. Heute sorgen wir mit unseren KI-basierten Schnelltests dafür, dass Batterien ein zweites oder sogar drittes Leben bekommen, bevor sie recycelt werden, und schützen Sie mit unserem Storage Guard in Fahrzeugen, Heimspeichern und Großspeichern vor gefährlichen Situationen. Auf diese Weise konnten bereits viele Menschenleben gerettet und zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten im Bereich Batterietechnologie geschaffen werden.

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Als einziges KI-Unternehmen im Bereich Batterie arbeiten wir seit 3 Jahren profitabel, obwohl uns immer prophezeit wurde, dass das auf absehbare Zeit gar nicht möglich sein wird.

26 internationale Patente in 10 Jahren

Worauf sind Sie besonders stolz?

Schipke: Das Team! Ohne die Leute, die hier jeden Tag mit Herzblut bei der Sache sind, die Extrameile gehen, wenn es nötig ist, für andere da sind, wenn sie gebraucht werden, und gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft kämpfen, wären wir noch längst nicht da, wo wir heute stehen. Als einziges KI-Unternehmen im Bereich Batterie arbeiten wir seit 3 Jahren profitabel, obwohl uns immer prophezeit wurde, dass das auf absehbare Zeit gar nicht möglich sein wird. Doch es ist möglich! So wie hunderte anderer Unmöglichkeiten, die das Novum-Team täglich bewältigt. Das klappt nicht ohne Spaß, und auch darauf bin ich sehr stolz. Es vergeht kein Tag, ohne dass wir zusammen lachen.

Was war die größte Herausforderung für Novum und wie konnte diese gelöst werden?


Schipke: Die größte Herausforderung war, dass wir zur falschen Zeit am richtigen Ort waren. Heute weiß jeder, wie wichtig es ist, die wertvolle Ressource „Batterie“ so sicher, effizient und lange wie möglich zu nutzen. Doch 2014 war die Welt noch damit beschäftigt, sich mit den Grundsatzfragen zur Batterietechnologie auseinanderzusetzen: Sind Batterien in Autos wirklich eine Alternative zu Verbrennungsmotoren? Welche Batteriechemie eignet sich am besten? Wo können Elektroautos überhaupt geladen werden? Darüber, wie man Batterien mithilfe von KI länger und sicherer nutzen kann, hatte sich einfach noch niemand Gedanken gemacht. Unsere Kunden mussten erst eigene Erfahrungen damit sammeln, wie gefährlich es sein kann, wenn eine Batterie plötzlich anfängt zu brennen, wie unangenehm es ist, wenn ein Fahrzeug eine bestimmte Reichweite nicht erreicht, oder wie teuer es werden kann, ständig neue Batterien zu kaufen, statt gebrauchte wiederzuverwenden.

Können Sie dieser "Wartezeit" inzwischen auch Gutes abgewinnen?

Schipke:
Wir mussten ziemlich lange durchhalten, bis der Durchbruch kam. Das war für ein hoch motiviertes Team, das endlich seine PS auf die Straße bringen wollte, aber auch für unsere Investoren nicht immer leicht auszuhalten. Heute bin ich tatsächlich sehr dankbar für diese lange Durststrecke, denn sie hat uns die Gelegenheit gegeben, unsere Technologie ständig weiterzuentwickeln und gemeinsam mit unseren Kunden in ihre Probleme hineinzuwachsen. Dadurch konnten wir schließlich doch noch zur richtigen Zeit die richtigen Produkte anbieten und halten inzwischen 26 internationale Patente.

Novum-Team
Das Novum-Team - © Anne Schwerin
Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck und erst recht kein Allheilmittel für alles – auch nicht, wenn es um Batterien geht.

KI muss kontrolliert werden

Was ist Novum besonders wichtig?

Schipke: Substanz. Beim aktuellen KI-Hype kommt mir diese ehrlich gesagt oft ein bisschen zu kurz. Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck und erst recht kein Allheilmittel für alles – auch nicht, wenn es um Batterien geht. Es ist sehr wichtig, jederzeit einschätzen zu können, wie gut die Ergebnisse sind, die künstliche Intelligenz liefert. Das ist eine der Entwicklungen bei Novum, die für unsere Kunden sehr wichtig ist. Wenn unsere KI einen Batteriezustand bestimmt, gibt es immer mindestens eine Kontroll-KI, die angibt, wie vertrauenswürdig das Ergebnis ist. Natürlich sitzen bei uns in letzter Instanz auch noch Menschen, die permanent Plausibilitätschecks durchführen. Das bewerben wir öffentlich nie, weil es für uns einfach eine Selbstverständlichkeit ist – genau wie all die anderen Feinheiten, die am Ende richtig gute Lösungen ausmachen.

Was macht denn eine richtig gute Lösung im Detail aus?

Schipke: Wichtig ist mir, dass all unsere Produkte einfach anzuwenden und zu bedienen sind. Für Speicherbesitzer ist es deshalb ganz leicht, die Vorteile der Novum-KI zu nutzen. Soll die Sicherheit von Batteriespeichern, z.B. permanent überwacht werden, müssen wir nicht einmal vor Ort sein. Alles, was wir dafür brauchen, sind die Daten, die die Batterie ohnehin produziert. Diese holen wir uns in regelmäßigen Abständen über eine Cloudverbindung und berechnen, wie es der Batterie geht, wie lange sie noch halten wird oder wie man sie so nutzt, dass sie möglichst lange hält. Diese Informationen können unsere Kunden dann in einem übersichtlichen Dashboard abrufen und natürlich auch selbst verarbeiten, wenn sie das möchten. Auch die Datensicherheit ist dabei kein Problem. Wir erfüllen höchste Sicherheitsstandards und unsere Server stehen ausschließlich an zertifizierten Standorten in Deutschland. Genau so einfach funktionieren übrigens unsere Batterieschnelltests. Diese können nicht nur den Batteriezustand in Sekundenschnelle bestimmen, sondern lernen permanent dazu. Unsere Kunden haben damit maximale Freiheit und können den Novum Battery Analyzer flexibel für verschiedene Batterietypen einsetzen – egal, ob in der Produktion, der Wiederaufbereitung oder für Second-Life-Cases.

>>> Von der Autobatterie zum Second-Life-Energiespeicher

Wie sieht Ihre Zukunftsvision für die nächste Dekade aus?

Schipke: Die Zukunft von Novum wird auf jeden Fall spannend. Wir werden mit Sicherheit die 10-GW-Marke für überwachte Batterien knacken. Aktuell haben wir zudem bereits über 120.000 Tonnen Batterieschrott eingespart, weil wir diesen Batterien ein zweites Leben ermöglicht haben. Das ist genug, um rechnerisch ganz Deutschland für die nächsten 10 Jahre zu jeder Tages- und Nachtzeit mit erneuerbarem Strom zu versorgen. Der erste Schritt in Richtung Energiewende ist damit getan, reicht aber natürlich noch nicht aus. Wir werden also weiter daran arbeiten, dass jede Batterie nicht nur ein erstes, sondern mindestens ein zweites und bestenfalls sogar ein drittes Leben hat.

Wir werden weiter daran arbeiten, dass jede Batterie nicht nur ein erstes, sondern mindestens ein zweites und bestenfalls sogar ein drittes Leben hat.

Über Novum

Seit 2014 hat sich Novum im Bereich Battery Monitoring etabliert. Mit KI-basierten Lösungen macht das Unternehmen es möglich, Batterien sicher zu betreiben, mögliche Brände zu verhindern und in Sekundenschnelle zu testen, ob Batterien sich für ein zweites Leben eignen. Das ist nicht nur ein Vorteil für die Energiewende, sondern auch für namhafte Kunden wie die Deutschen Bahn, Volkswagen oder Jungheinrich. Inzwischen wurde das Unternehmen nicht nur als bestes High-Tech-Start-up Europas ausgezeichnet, sondern auch mit dem Google Digital Energy Award, dem Future Mobility Award sowie dem sächsischen Innovationspreis 2023. Novum ist auch in Österreich tätig.