Marketing für KMU : Künstliche versus emotionale Intelligenz

Aktuelle Umfragen zeigen, dass viele PR-Abteilungen derzeit KI-gestützte Tools ausprobieren, aber noch zögern, sie produktiv einzusetzen. Das liegt wohl auch daran, dass viele Fragen dazu noch ungeklärt sind. Wie sieht das beispielsweise rechtlich, ethisch und praktisch aus?

Man fragt sich, wie man es bisher geschafft hat, ohne die „PR-Wunderwaffe der künstlichen Intelligenz“ auszukommen. Mit Sicherheit gibt es Anwendungen und Tools, auf deren „maschinelle Unterstützung“ man zurückgreifen kann. Im Idealfall, um die eigenen Ressourcen besser einzusetzen und die Zeit nicht mit 0815-Aufgaben zu vergeuden, die auch eine Maschine übernehmen kann. Werden ChatGPT & Co. dadurch zum gefährlichen Wettbewerb für Kreative?

Gefährlich nicht, aber auch nicht wegzuleugnen oder zu unterschätzen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss man seine eigenen Fähigkeiten (und Grenzen) kennen, diese realistisch einschätzen und keine Vergleiche mit dem Mitbewerb scheuen. Aber sind KI-Tools überhaupt als Mitbewerb zu sehen, oder einfach als praktische Werkzeuge, um selbst in seiner Arbeit besser und effizienter zu werden?

Trotz allem Hype ist es vernünftig, einen sachlich-neutralen Blick auf das Thema zu werfen, sich einen kritischen Überblick über diverse Software-Tools zu verschaffen und sich dann die Frage zu stellen: „Was kann die KI für mich tun?“

Barbara Haumer
Kolumnistin Barbara Haumer ist seit mehr als 20 Jahren im Bereich Marketing und Kommunikation tätig. Seit 2014 unterstützt sie mit ihrer Agentur „haumer communications“ Kunden aus dem Bereich der Elektro- und Automatisierungstechnik bei Marktauftritt und Öffentlichkeitsarbeit. - © haumer communications

Wo ist KI sinnvoll?

Was KI sehr gut kann, viel besser als ein Mensch, ist, mit großen Datenmengen umzugehen, Muster zu finden und je nach Anforderung dann auf Knopfdruck eine Auswertung, ein Ergebnis zu liefern. Allerdings bestimmt natürlich die Qualität der Frage die Qualität der Antwort. Je detaillierter ich also beispielsweise in ChatGPT meine Anfrage stelle, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Brauchbares dabei herauskommt.

ChatGPT kann durchaus hilfreich sein, beispielsweise für schnelles Übersetzen aus anderen Sprachen, beim Kürzen von langen Texten oder um sich einen Überblick über ein bestimmtes Thema zu verschaffen, Anregungen für reichweitenstarken Content zu finden etc. Man kann also Vorschläge erstellen lassen, die aber dann auf jeden Fall von einem kompetenten Menschen überarbeitet werden müssen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.

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Wo sind die Grenzen?

In den sozialen Medien wird der Eindruck erweckt, dass mittels KI ab sofort jeder in der Lage wäre, Bilder oder Texte zu erzeugen. Das „Handwerk“ von Grafiker*innen oder Texter*innen scheint nicht mehr benötigt zu werden. Ganz so dramatisch ist es nicht, denn auch das Bedienen dieser Tools bedarf eines gewissen Know-hows, um nicht einfach nur generischen Müll zu produzieren.

Was einem jedoch bewusst sein muss: KI erfindet nichts neu. KI hat keine eigenen Gedanken oder Gefühle. KI kann keine kreativen oder strategischen Entscheidungen treffen. KI ist bloß so gescheit (oder so dumm) wie der Mensch, der das Programm geschrieben hat, und die Daten, auf die dieses Programm zugreift. ChatGPT arbeitet zum Beispiel mit einer Datenbasis bis Ende 2021. Alle jüngeren Einträge finden keine Berücksichtigung.

Emotionale statt künstlicher Intelligenz – KI hat keine Gefühle, das ist unser Wettbewerbsvorteil als Mensch!

Wie geht's weiter?

Der KI-Hype wird andauern, beinahe täglich gibt es neue Entwicklungen, neue Programme. Vieles, das jetzt noch nicht möglich ist, wird in naher Zukunft machbar sein. Inzwischen gibt es bereits Anwendungen, bei denen nur mehr von Maschine zu Maschine kommuniziert wird. Da wird beispielsweise ein KI-generierter PR-Text automatisch als Presseaussendung an eine Redaktion geschickt. Dort geht dieses Dokument KI-gesteuert und ohne, dass je ein Mensch den Text gegengelesen hätte, direkt online.

Was immer dieses KI-Tool des Erstellers mit den im Web vorhandenen Informationen zusammengebastelt hat, es wird – ohne dass ein Mensch das hinterfragt und auf Richtigkeit bzw. Plausibilität geprüft hat – wieder neu in den Info-Pool des WWW eingespeist und die Spirale dreht sich weiter. So können sehr schnell Falschmeldungen verbreitet und als neue Fakten generiert werden. Dumm nur, wenn am Ende dieser Maschinenkommunikation dann letztlich ein Mensch sitzt, der glaubt, was er da zu lesen bekommt. Keine schöne Vorstellung, oder?

EQ als Wettbewerbsvorteil

Wir werden nicht verhindern können, dass Tools und gewisse Automatismen auch missbräuchlich eingesetzt werden. Ob das bewusst oder durch Unwissenheit passiert, sei dahingestellt. Wir können und müssen jedoch alles, was wir in den Medien sehen, hören oder lesen, kritisch betrachten. Noch immer ist das eigene Bauchgefühl ein guter Indikator, um zu spüren, ob da möglicherweise etwas nicht stimmt und es sich um „alternative Fakten“ handelt.

Wer auf individuelle Kommunikation Wert legt, sich und sein eigenes Unternehmen bestmöglich und authentisch präsentieren möchte, der sollte auf die uns Menschen eigene emotionale Intelligenz nicht verzichten. Denn das unterscheidet uns immer noch von Maschinen, keine KI der Welt wird uns hier das Wasser reichen können.

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