Fraunhofer ISE mit Weltpremiere : Mittelspannungs-Stringwechselrichter für Photovoltaik

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat einen Mittelspannungs-Stringwechselrichter für Großkraftwerke entwickelt und erfolgreich in Betrieb genommen – laut Institut als weltweit erster. Mit dem Einspeisen ins Mittelspannungsnetz konnte das Team des Projekts "MS-LeiKra" (Leistungselektronik für die nächste Generation von Mittelspannungs-PV-Kraftwerken) nachweisen, dass für PV-Wechselrichter eine höhere Spannungsebene technisch möglich ist.

Für die Photovoltaik könnte der Schritt in die Mittelspannungsklasse unter anderem enorme Kosteneinsparungen sowohl auf der Komponentenebene – etwa durch einen reduzierten Materialeinsatz bei passiven Bauelementen – als auch bei den Installationskosten durch die Reduktion der Kabelquerschnitte bedeuten. Das Gerät begründet ein neues Systemkonzept für die nächste Generation von PV-Großkraftwerken, welches auch für Anwendungen in Windkraftanlagen, Elektromobilität oder Industrie einsetzbar ist.

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Der vom Fraunhofer ISE entwickelte Wechselrichter ermöglicht der Photovoltaik den Sprung von der Nieder- in die Mittelspannung.
Der vom Fraunhofer ISE entwickelte Wechselrichter ermöglicht der Photovoltaik den Sprung von der Nieder- in die Mittelspannung. - © Fraunhofer ISE

Ausgangsspannung im Mittelspannungsbereich

Heutige PV-Stringwechselrichter arbeiten mit Ausgangsspannungen zwischen 400 VAC und 800 VAC. Dass trotz weiter steigender Kraftwerksleistungen die Spannung bisher nicht weiter erhöht wurde, hat laut Fraunhofer ISE zwei Gründe: Zum einen die Herausforderung, einen hocheffizienten und kompakten Wechselrichter auf Basis von Silicium-Halbleitern zu bauen. Zum anderen die aktuellen PV-spezifischen Normen in Deutschland, die nur den Bereich der Niederspannung (max. 1.500 VDC bzw. 1.000 VAC) abdecken.

In dem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekt entwickelte das Fraunhofer ISE in Kooperation mit den Projektpartnern Siemens und Sumida einen Wechselrichter, der eine Anhebung der Ausgangsspannung in den Mittelspannungsbereich (1.500 V) bei einer Leistung von 250 kVA erlaubt. Möglich wurde dies durch den Einsatz von hochsperrenden Siliciumkarbid-Halbleitern. Das Forschungsteam setzte außerdem ein Kühlkonzept mit Heatpipes um, sodass durch eine effizientere Kühlleistung auch der Materialeinsatz von Aluminium reduziert werden kann.

Durch die erhöhte Spannung wird eine deutliche Reduktion der Kabelquerschnitte erreicht.

- © Fraunhofer ISE

Dünnere Kabel durch höhere Spannung

In einem typischen Photovoltaik-Kraftwerk sind mehrere Dutzend Kilometer an Kupferkabeln verlegt. Hier liegen erhebliche Einsparpotenziale durch eine Erhöhung der Spannung: Bei einem Stringwechselrichter mit einer Leistung von 250 kVA wird bei einer heute möglichen Ausgangsspannung von 800 VAC ein Kabelquerschnitt von 120 mm² benötigt. Erhöht man die Spannung auf 1.500 VAC, sinkt der Kabelquerschnitt auf 35 mm². Dies reduziert den Kupferverbrauch um etwa 700 Kilogramm pro Kilometer Kabel.

„Unsere Ressourcenanalysen zeigen, dass mittelfristig Kupfer aufgrund der Elektrifizierung des Energiesystems ein knapper Rohstoff wird. Die Erhöhung der Spannung erlaubt einen sparsamen Umgang mit diesen wertvollen Ressourcen", so Prof. Dr. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme.

Nach der erfolgreichen Einspeisung ins Mittelspannungsnetz sucht das Forschungsteam nun Entwickler von Photovoltaik-Parks und Netzbetreiber für die Erprobung des Kraftwerkskonzeptes im Feld. Neben dem Einsatz in der Photovoltaik ist der Schritt über die Grenzen der Niederspannung hinaus auch für andere Anwendungen wie Windkraftanlagen interessant, wo durch die steigenden Anlagenleistungen ebenfalls große Kabelquerschnitte benötigt werden. Aber auch in der Ladeinfrastruktur für größere Elektro-Fahrzeuge bzw. -fuhrparks oder Industrienetze birgt ein Mittelspannungs-Wechselrichter Einsparpotenzial durch die Reduktion von Kabelquerschnitten.