Elektromobilität : Forschung an standardisierter Prüfung von Schnellladesäulen
Elektromobilität gilt als wichtiger Baustein der Dekarbonisierung. Grundvoraussetzung für ihren Erfolg ist eine sichere Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum. Das FFG-geförderte Forschungsprojekt ProSafE² leistet hier einen wichtigen Beitrag: Im Rahmen des Projekts werden die Grundlagen für eine wiederkehrende Prüfung von Gleichstrom-Ladestationen entwickelt.
Der zuverlässige Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge setzt elektrische Sicherheit, Energieeffizienz und eine korrekte Abrechnung der von Nutzer*innen bezogenen elektrischen Energie voraus. Für die in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnenden Gleichstrom-Ladestationen (Direct Current Electric Vehicle Charging Stations, DC-EVCS) mit zunehmender Ladeleistung (mehrere 100 kW) gibt es derzeit allerdings weder entsprechende Richtlinien noch ein standardisiertes Prozedere für eine wiederkehrende Prüfung im Hinblick auf die Gewährleistung eines langfristig sicheren Betriebs.
Im Rahmen des Projekts ProSafE² (Protection, Safety and Efficiency of Electric Vehicle Charging Stations) soll daher ein praxistauglicher Ablauf zur wiederkehrenden Prüfung entwickelt werden, der Funktionalität und elektrische Sicherheit über die gesamte Betriebsdauer gewährleistet.
Worum geht's bei ProSafE²?
Das Projekt ProSafE² wurde vom Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE) gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), dem Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz sowie KS Engineers initiiert und wird aus Mitteln der Österreichischen Forschungsförderungs-gesellschaft FFG über Collective Research gefördert. Unterstützt wird es von den Branchenpartnern Energienetze Steiermark GmbH, KELAG - Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, TÜV Austria Service und Wien Energie.
Erfolgreiches erstes Forschungsjahr für ProSafE²
1. Schritt: Normenrecherche
Am Beginn des Projekts stand eine intensive Normenrecherche:
- Welche Normen und Standards können für eine wiederkehrende Prüfung von DC-Ladestationen angewendet werden?
- Welche nur für Teilaspekte?
- In welchen Bereichen fehlen noch Normen und Standards?
- In welchem Zusammenhang stehen diese Normen und Standards zu legislativen Dokumenten?
Diese Fragen galt es für das Forschungsteam zu klären.
2. Schritt: Definition möglicher Fehlerszenarien
In einem nächsten Schritt wurden auf Basis der Expertise des Projektteams sowie mehrerer Betreiber*innen von DC-Ladeinfrastruktur mögliche Fehlerszenarien bei DC-Ladestationen eruiert und beschrieben, ein Auszug der wesentlichsten ist in der untenstehenden Abbildung grafisch dargestellt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die möglichen Gefahren gelegt, welche für Nutzer*innen von DC-EVCS auftreten können. Dies betrifft am häufigsten jene Teile einer Ladestation, mit welchen die Nutzer*innen in direkten Kontakt kommen können – das sind beispielsweise die Ladeleitung („Ladekabel“) oder der Ladesteckverbinder („Ladestecker“).
3. Schritt: Definition denkbarer Test Cases
Aufbauend auf diesen Fehlerszenarien wurden unter Berücksichtigung bzw. in Anlehnung an anwendbare nationale bzw. internationale normative Dokumente denkbare Test Cases für eine wiederkehrende Prüfung von DC-Ladestationen erarbeitet. Abgeleitet aus den Test Cases wurden unterschiedliche Use Cases im Sinne von Prüfabläufen bzw. -methoden für die wiederkehrende Prüfung von DC-Ladestationen entwickelt.
In Vorbereitung der In-Feld-Tests in Forschungsjahr FJ 2 wurde der Prüfgerätedemonstrator hinsichtlich der erarbeiteten möglichen Fehlerszenarien sowie der darauf aufbauenden Test Cases entsprechend adaptiert bzw. erweitert. Unter anderem wurde dafür geeignete Messtechnik sowie zusätzliches Equipment für die Umsetzung der geplanten Fehlerfälle integriert.
Die ersten Erkenntnisse aus dem Projekt ProSafE² fanden bereits Eingang in die nationale Normenarbeit: Im Rahmen der Arbeitsgruppe AG Ladestationen DC wird derzeit die Edition 2 der OVE-Richtlinie R 30 erarbeitet.
Workshops für Stakeholder an DC-Ladestationen
Schon seit Beginn des Projekts fand ein intensiver Austausch mit der Branche statt. Welche Anforderungen richten die unterschiedlichen Stakeholder an DC-Ladestationen? Welche Erfahrungen gibt es bereits aus der Praxis? Im Rahmen von Stakeholder-Workshops wurden Hersteller und Betreiber von DC-Ladestationen ebenso eingebunden wie Messtechniker*innen und Behördenvertreter*innen.
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Wie geht's mit ProSafE² weiter?
Auch das Forschungsjahr 2 verspricht interessante Ergebnisse: Anhand der entwickelten Test-Cases wird der Prüfgerätedemonstrator entsprechend für In-Feld-Tests weiterentwickelt. In der Folge sollen die Test Cases an unterschiedlichen DC-Ladestationen der ProSafE²-Branchenpartner mit Hilfe des Prüfgerätedemonstrators im Feld umgesetzt und die Ergebnisse evaluiert werden.
Neben den Sicherheitsüberprüfungen gilt dabei ein besonderes Augenmerk der Energieeffizienz sowie den Netzrückwirkungen von DC-Ladestationen. Wirken sich diese hinsichtlich Power Quality nachteilig auf das Netz bzw. Netzteilnehmer*innen aus? Auch diese Frage soll geklärt werden.
Aus den Erkenntnissen der Feldtests sollen Vorschläge für Abläufe zur wiederkehrenden Prüfung von DC-Ladestationen abgeleitet, verifiziert und in die Arbeit der Normungsgruppe Ladestationen DC eingebracht werden. In weiterer Folge werden die Resultate der Feldtests sowie weitere Forschungsergebnisse über zahlreiche Kommunikationskanäle in die Fachwelt getragen.
⇨ Von einer weiteren Förderung des Projekts ausgehend ist bereits ein nächster Stakeholder-Workshop für den 17. Oktober 2023 in Klagenfurt geplant.