Forum Versorgungssicherheit : Wie viel Arbeit sind Energiegemeinschaften für Netzbetreiber?
Eigenen Strom erzeugen und teilen, unabhängig von den Preissprüngen der internationalen Energiemärkte, sichere Eigenversorgung: Erneuerbare Energiegemeinschaften leisten neben diesen Vorteilen auch einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Wenn immer mehr elektrische Energie nicht über weite Strecken transportiert, sondern lokal produziert und verbraucht wird, wirkt sich das auch auf die Effizienz des Stromsystems aus.
Auch das Forum Versorgungssicherheit betont die Bedeutung der EEGs für die Erreichung der Klimaziele ausdrücklich. „Die österreichische Klimastrategie setzt zu Recht große Hoffnungen in die Erneuerbaren Energiegemeinschaften“, so die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, „das ist sehr im Sinne der Verteilernetzbetreiber, die ebenfalls Energiegemeinschaften befürworten und unterstützen.“
In der Praxis gibt es sehr unterschiedliche Anforderungen sowie unterschiedliche Modelle von Gemeinschaften zur Auswahl. Den Netzbetreibern kommt dabei wichtige Rolle zu, wie der Geschäftsführer von Linz Netz, Johannes Zimmerberger, bekräftigt: „Die Erfassung der Verbrauchswerte durch Smart Meter ist eine unbedingte Voraussetzung. Diese Messung und die Verrechnung auch innerhalb der Gemeinschaft wird von den Netzbetreibern übernommen.“
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Gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, EEG oder doch BEG?
Schon in der Vergangenheit gab es das Modell der Gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen, wo sich alle Teilnehmenden innerhalb eines Gebäudes oder eines Objekts befinden. Dabei wird der Strom – zum Beispiel von gemeinsam finanzierten PV-Modulen auf dem Dach – unter allen Mieter*innen aufgeteilt. Allfälliger zusätzlicher Bedarf kommt aus dem öffentlichen Netz. Für die Energie, die im Haus verbraucht wird, müssen weder Netzgebühren noch Abgaben wie die Elektrizitätsabgabe oder die Ökostromabgabe abgeführt werden. Im Versorgungsgebiet von Linz Netz bestehen 212 solcher Gemeinschaftsanlagen.
Bei den Erneuerbaren Energiegemeinschaften ist die Stromerzeugung aus ausschließlich erneuerbaren Quellen dezidiert Voraussetzung. Je nach Umfang kann eine Erneuerbare Energiegemeinschaft lokal sein (innerhalb des Versorgungsbereichs einer Trafostation) oder regional (innerhalb des Versorgungsgebiets eines Umspannwerks). Die Erneuerbaren genießen ebenfalls reduzierte Netznutzungsentgelte und sind von einigen Abgaben befreit. „Das Interesse ist hier sehr groß“, berichtet Zimmerberger, „im Bereich von Linz Netz gibt es bereits 35 Gemeinschaften, davon sind 24 regional, haben also durchaus größere Dimensionen.“
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Die dritte Form, die das Gesetz vorsieht, ist die Bürgerenergiegemeinschaft. Sie ist geografisch nicht beschränkt, Strom kann quer durch das Bundesgebiet überall in Österreich bezogen oder geliefert werden. Diese Gemeinschaften stellen keinen Anspruch auf Klimaschutz, es gibt keine Beschränkung auf Erneuerbare Energien. Zimmerberger: „Das sind reine Stromtausch-Gemeinschaften, für die gibt es daher auch keine Vergünstigungen bei Netzgebühren und Abgaben.“ Dennoch registriert er auch hier aktives Interesse: „Obwohl es diese Gemeinschaften erst seit Oktober überhaupt gibt, sind bei Linz Netz bereits 10 davon eingerichtet.“
Mehrfachteilnahme 2024
Als Verantwortliche für die Abrechnung müssen die Netzbetreiber berechnen, welcher Anteil an Erzeugung und Verbrauch jeweils den einzelnen Teilnehmenden zugeordnet werden muss. Dafür werden via Smart Meter alle Viertelstunden die Verbrauchswerte gemessen. Ändert sich die Zusammensetzung einer Gemeinschaft, indem Mitglieder ein- oder austreten, muss auch der Raster der Zuweisungen geändert werden. Dabei kann durchaus Aufwand entstehen, wie Zimmerberger berichtet: „Es gibt Gemeinschaften mit mehreren hundert Teilnehmenden. Da herrscht naturgemäß auch eine große Dynamik mit entsprechend großem Rechenaufwand.“
Eine zusätzliche Schwierigkeit wird auf die Netzbetreiber zukommen, wenn ab 2024 die Mehrfachteilnahme ermöglicht wird. Sowohl Verbraucher*innen als auch Produzent*innen können dann Mitglieder in mehreren Energiegemeinschaften sein. Wie die Abrechnung in solchen Systemen funktionieren kann, das versucht derzeit eine Forschungsarbeit an der Technischen Universität Graz zu klären. Zimmerberger bemüht einen Vergleich: „In der Mathematik gilt: Man braucht eine Gleichung für jede Unbekannte. Wir werden also für jeden Teilnehmenden einen eigenen Algorithmus einsetzen müssen.“
Dieser voraussichtliche Mehraufwand für Netzbetreiber will das Forum Versorgungssicherheit in den Netzkosten abgegolten sehen. Zimmerberger: „Wir Netzbetreiber haben die Voraussetzungen für die Umsetzung von Energiegemeinschaften geschaffen. Wir unterstützen Gründung und Betrieb, aber man muss uns auch die finanziellen Möglichkeiten dazu geben."