Forum Versorgungssicherheit : In sieben Schritten zum Netzausbau
Am Ende der kommenden Legislaturperiode im Oktober 2029 werden es nur noch wenige Monate bis zum magischen Datum 2030 sein, an dem Österreich seine gesamte Stromversorgung bilanziell aus erneuerbaren Quellen decken will. 2030 muss Österreich zudem das erste Zwischenziel bei der Reduktion von Treibhausgasen nach dem Europäischen Klimaschutzgesetz erreichen. Der Weg zur Energiewende solle deshalb trotz Wahlkampfes fortgesetzt werden – das forderte der Geschäftsführer der Linz Netz, Johannes Zimmerberger beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am Anfang April.
Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, erinnerte in diesem Rahmen auch daran, dass sich Österreich rechtlich verpflichtet hat, bis 2030 vorgegebene Emissionsziele zu erreichen – falls es nicht gelingt, drohen Strafzahlungen. „Die Umstellung auf erneuerbare Energien muss zügig weitergehen“, so Ederer, „parallel dazu müssen die Netze ausgebaut werden. Aber dieser Ausbau kann nur dann rasch und zugleich kosteneffizient erfolgen, wenn die Netzbetreiber die richtigen Rahmenbedingungen vorfinden.“
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Das 7-Punkte-Programm
Die Netzbetreiber haben sieben Grundsätze für die Energie- und Klimapolitik der nächsten Legislaturperiode formuliert, um die Energiewende leisten zu können:
1. Gleiche Gewichtung für leistbare Energie, Versorgungssicherheit und Klimaschutz
„Wir nennen es das Magische Dreieck“, so Zimmerberger, „weil die Energiewende nur gelingt, wenn alle drei Anforderungen gleichermaßen berücksichtigt werden. Versorgungssicherheit und Klimaschutz erfordern Investitionen, und damit diese nicht die Netztarife über Gebühr verteuern, muss der Ausbau möglichst kosteneffizient erfolgen.“ Das Ziel des Netzausbaus dürfe nicht „so viel wie möglich“ lauten, vielmehr muss stets der Gesamtnutzen jeder Maßnahme berücksichtigt werden.
2. Rechtliche Rahmenbedingungen für zügigen Netzausbau
Um den Ausbau der Stromnetze vorantreiben zu können, mahnen die Netzgesellschaften einmal mehr die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ein. Das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) soll hier die gewünschte Wirkung erbringen, das Gesetz ist jedoch noch in Arbeit. Die Netzbetreiber plädieren darüber hinaus mehr Flexibilität bei der Finanzierung von Investitionen sowie eine vorausschauende Regulierung.
3. Tarifsystem
Auch Regulierung ist am Zug, wenn es um die Frage geht, wer die Kosten für den Ausbau tragen soll. Hier wünschen sich die Netzbetreiber eine stärker verursachergerechte Tarifstruktur. Zimmerberger: „Da geht es zum einen um einen fairen Beitrag der Einspeiser, wenn Netze verstärkt werden müssen. Zum anderen ist nicht einzusehen, warum Verbraucher*innen, die hohe Leistungen in Anspruch nehmen, weil sie beispielsweise ihr E-Mobil sehr schnell laden wollen, die gleichen niedrigen Tarife zahlen wie Haushaltskund*innen mit geringer Leistungsanforderung.“
4. Stromtarife mit Anreizen für Eigenproduktion und Eigenverbrauch
Wenn die Betreiber*innen von privaten PV-Anlagen den größten Teil ihres erzeugten Stroms selbst verbrauchen und allenfalls auch noch einen eigenen Speicher betreiben, erfordert das weniger Ausbau der Netze als wenn diese den größten Teil des erneuerbaren Stroms aufnehmen müssen. „Eigenverbrauch soll deshalb tariflich belohnt werden“, wünscht sich Zimmerberger, „derzeit besteht oft der umgekehrte Anreiz, möglichst viel ins Netz einzuspeisen.“
Eigenverbrauch soll tariflich belohnt werden. Derzeit besteht oft der umgekehrte Anreiz, möglichst viel ins Netz einzuspeisen.Johannes Zimmerberger, Linz Netz
5. Energiewende gemeinsam gestalten
Für die Energiewende ist es nötig, das System als Gesamtheit zu betrachten, betont Zimmerberger: „Die Frontstellung zwischen Erzeuger*innen, Verbraucher*innen und Netzen löst sich auf, stattdessen haben wir Prosumer*innen und Energiegemeinschaften, Erzeuger*innen sind zugleich Verbraucher*innen. Da muss ein verändertes Verständnis her, dass jeder seinen Beitrag zu leisten hat.“
6. Abstimmung der Netzausbaupläne
Um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, sollten die Netz-Ausbaupläne für Strom, Grünes Gas und Fernwärme aufeinander abgestimmt werden, findet Zimmerberger und nennt Beispiele: „Ob das Gasnetz in einer Region saniert oder rückgebaut werden soll, hängt unter anderem davon ab, ob Fernwärme verfügbar ist. Wenn eine Gemeinde oder eine Region gezielt von Gas auf Wärmepumpen umstellt, dann muss dort das Stromnetz verstärkt werden. Wir müssen die Energieversorgung immer stärker vernetzt denken.“
7. Leistungsfähige Speicher und Sektorkopplung
Wind- und Sonnenenergie sind volatile Energiequellen. Zwischen Sommer und Winter ist dieser Kontrast am größten. Ein dekarbonisiertes Stromsystem erfordert deshalb sowohl kurzfristige als auch langfristige Speicher. „Wir brauchen ein österreichweites Konzept für eine Speicher-Infrastruktur“, fordert Zimmerberger. Dazu müsse auch die Sektorkopplung forciert werden, also das flexible Zusammenspiel zwischen Strom, Wasserstoff, Biogas und Wärme.