Österreichs Stromnetz 2040 : So lässt sich der Netzausbau nachhaltig finanzieren

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Erreicht Österreich wie geplant die Klimaneutralität bis 2040, wird sich der Strombedarf verdoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es nicht nur mehr grünen Strom, sondern auch einen Netzausbau. Dieser Ausbau bis 2040 wird nach Angaben der Netzbetreiber kosten: Bis 2040 erfordert der Netzausbau rund 53 Mrd. Euro – 44 Mrd. Euro entfallen auf die Stromverteilernetze, neun Milliarden auf das Übertragungsnetz (APG). Die darin enthaltenen Zusatzkosten für das Gelingen der Energiewende – also die Integration von zusätzlichem erneuerbaren Strom und geänderten Nutzungsbedürfnissen der Kund*innen – belaufen sich auf 34 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Pro Jahr zahlt Österreich für den Import von Öl und Erdgas zehn Mrd. Euro – 2023 sogar 18 Mrd. Euro. Und: Sollte die Energiewende nicht gelingen, kostet das Österreich laut WIFO zusätzlich bis zu sieben Mrd. Euro pro Jahr.

Zur Finanzierung des Netzausbaus schlägt der Dachverband Erneuerbare Energie (EEÖ) einen staatlichen Infrastrukturfonds Energie in Kombination mit längeren Abschreibungsfristen (40 Jahre) vor. Auf Basis einer Studie von Frontier Economics würde ein Staatlicher Infrastrukturfonds Energie noch viel wichtige Ziele für einen nachhaltigen Netzausbau erfüllen: Er könnte etwaige Finanzierungslücken von Netzbetreibern zu schließen und die Belastungen für die Netznutzer*innen dämpfen.

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Der notwendige Netzausbau kostet – und zahlt sich zugleich aus.
Martina Prechtl-Grundnig, EEÖ

Lebensadern für Strom

„Alle wissen, dass wir leistungsfähige Netze für eine unabhängige und klimagerechte Versorgung brauchen. Der notwendige Netzausbau kostet – und zahlt sich zugleich aus. Fix ist: Wenn er verspätet oder gar nicht kommt, zahlt Österreich auf jeden Fall drauf“, betont Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ. Mit der Studie wolle der Dachverband eine breite Diskussion darüber anstoßen, wie der Netzausbau finanziert werden kann. „Flexible und leistungsfähige Stromnetze sind - so wie Straßen, Eisenbahnen oder das Breitband-Internet - Lebensadern für das Land“, betont auch Aria Rodgarkia-Dara, Studienautor von Frontier Economics.

Durch die Integration von Wärmepumpen, kleinen PV-Anlagen und zunehmender E-Mobilität werden vor allem die Kosten in den Niederspannungsebenen in Zukunft steigen. Die Übertragungsnetze müssen vor allem für den Transit angepasst werden zwischen jenen Regionen, in denen viel Energie erzeugt wird und jenen, in denen viel Energie verbraucht wird und vor allem Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Aktuell werden Investitionen in Stromnetze über Netzentgelte finanziert, Netznutzer*innen tragen also den Investitionsbedarf über höhere Netzentgelte. Diese „regulierte“ Finanzierung sei zu langsam für die Energiewende bzw. würden sich dadurch die Netzgebühren für Haushalte und Unternehmen verdoppeln, wie der EEÖ kritisiert.

Der Netzausbau hätte zudem einen volkswirtschaftlichen Mehrwert: Knapp 320.000 neue oder gesicherte Arbeitsplätze, 75 Prozent heimische Wertschöpfung und die Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit für Haushalte und Wirtschaft. Auch Steuereinnahmen würden dieser Investitionstätigkeit in die Netze einhergehen, wie der Dachverband informiert – sie können mit rund 15 Mrd. Euro beziffert werden.

Martina Prechtl Grundnig, Geschäftsführerin Dachverband Erneuerbare Energie
Martina Prechtl Grundnig, Geschäftsführerin Dachverband Erneuerbare Energie - © Paul Stender

Staatlicher Infrastrukturfonds Energie: Das wären die Vorteile

Im Auftrag des EEÖ hat Frontier Economics in einer Studie insgesamt acht mögliche Finanzierungsmöglichkeiten für einen forcierten und fairen Netzausbau untersucht: Staatlicher Infrastrukturfonds Energie, Infrastrukturfonds mit privatem Kapital, „deep connection charge“, Verlängerte Abschreibungsdauern, Amortisationskonto, Regionale Harmonisierung der Netzentgelte, G-Komponente und einen Zuschuss zu Netzentgelten.

⇨ Der Fonds würde den Netzbetreibern (bei Nachweis einer Finanzierungslücke) entweder nicht-rückzahlbare Zuschüsse bieten oder Kapital (als Eigenkapital oder Fremdkapital) zu einem günstigeren Zinssatz zur Verfügung stellen. Finanzieren könnte sich der Fonds selbst laut Studie aus Steuermitteln, neue, langfristige Schulden oder auch teilweise durch Kleinanleger*innen.

Ein Rechenbeispiel: Wäre der Staatliche Infrastrukturfonds Energie mit einer Mrd. Euro dotiert und stellt Netzbetreibern ein Drittel als nicht-rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung und den Rest als rückzahlbares Kapital, würde das – in Kombination mit Abschreibungsfristen von 40 Jahren - die Erhöhung der Netzgebühren für Endkunden im Schnitt um 15 Prozent dämpfen. In manchen Regionen sogar darüber. Die aus dem Fonds bereitgestellten Anteile aus dem Eigenkapital und Fremdkapital würde später wieder in den Fonds zurückfließen.

Was laut der Studie für die Finanzierungs- und Regulierungsinstrumente spricht.

- © Frontier Economics

Öffentliche Gelder für Infrastruktur

Der Ausbau von Infrastrukturen ist mit hohen Investitionen und gleichzeitig langen Amortisationsdauern verbunden. Ähnliche Modelle, bei denen öffentliche Gelder in den Infrastrukturausbau fließen, gibt es bereits: In Österreich unterstützt und finanziert der Staat beispielsweise den Ausbau und Erhalt der Autobahnen und Schnellstraßen und das Schienennetz der ÖBB – entweder durch die Übernahmen von Haftungen (ASFINAG, in Summe 8,1 Mrd. Euro) durch Zuschüsse in die ÖBB Schieneninfrastruktur (2,5 Mrd. Euro pro Jahr) oder durch eine Kombination aus beidem (zusätzliche Haftungen für die ÖBB Infrastruktur, in Summe 8,8 Mrd. Euro Ende 2022).