Wirtschaftliche Lage der österreichischen Elektro- und Elektronikindustrie : Nachfragerückgang: FEEI schlägt Alarm

FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch und FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun bei der Jahrespressekonferenz des Fachverbands.

FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch und FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun bei der Jahrespressekonferenz des Fachverbands.

- © FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) sieht seine Sparte in einer Abwärtsspirale. Ein Blick auf das letzte Jahr verdeutlicht: 2023 war herausfordernd für die österreichische Elektro- und Elektronikindustrie. Der Aufholeffekt nach der Corona-Pandemie lief aus und die im Zuge der geopolitischen Krisen nachlassende internationale Wirtschaftstätigkeit setzte der Branche zu.

Während die Produktion im Vergleichszeitraum 2022 noch stark gestiegen war (+16,2 %), lag die abgesetzte Produktion 2023 bei einem Wert von 24,61 Mrd. Euro und damit einer Steigerung von 5 Prozent. Aktuellen Zahlen der Statistik Austria vom Mai 2024 zeigen ein deutlich drastischeres Bild: Einen Rückgang des Produktionswerts von -6,5 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum bzw. preisbereinigt eine Veränderungsrate von -9,2 Prozent.

Im Gegensatz zu 2022 verzeichneten im Jahr 2023 nur noch ausgewählte Sparten stärkere Zuwächse: Während Produkte aus der Mess-, Kontroll- und Prüftechnik sowie sonstige elektrische Ausrüstungen gute zweistellige Steigerungsraten erzielen konnten, verzeichneten die elektronischen Bauelemente einen Rückgang von -1 Prozent. Die Zahlen vom Mai 2024 zeigen für den Bereich der elektronischen Bauelemente, die immerhin ein gutes Viertel Anteil am Produktionswert der Elektro- und Elektronikindustrie haben, bereits einen Rückgang von -11,5 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum.

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Trendumkehr nicht in Sicht

Die allgemein schwierige Lage schlägt sich laut FEEI auch bei den Auftragseingängen nieder. Verglichen mit dem Niveau des Vergleichszeitraums 2022 zeigte sich 2023 ein Rückgang von -4,8 Prozent. Die aus dem Mai 2024 sind mit einem Minus von 11 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum noch deutlicher. Die Auswertung der Folgemonate liege noch nicht vor, eine Trendumkehr sei jedoch nicht in Sicht, warnt der Verband.

Die Zahl der festangestellten Beschäftigten konnte 2023 noch gehalten werden und erreichte zum Jahresende mit 74.291 Beschäftigten ein leichtes Plus von 3,5 Prozent. Dass sich 2024 auch hier Veränderungen anbahnen, machen aktuelle Zahlen deutlich: Während die Zahl des Eigenpersonals im Mai 2024 noch konstant blieb, wurde Fremdpersonal um fast 30 Prozent abgebaut. Das sind rund 1.500 Arbeitsplätze weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bekannte Unternehmen wie Fronius mussten bereits Personal abbauen bzw. Kurzarbeit anmelden.

>>> So kommt Bewegung in die Energiewende

Eine kürzlich vom FEEI durchgeführte Branchenumfrage unterstreicht dies: Alle antwortenden Unternehmen hätten angegeben, dass die hohen Lohn- und Gehaltskosten zu den wettbewerbsschädlichsten Faktoren zählen, gefolgt von Auftragsrückgängen und Bürokratieaufwand. EU-weit liegen Österreichs durchschnittliche Arbeitskosten 2023 an dritter Stelle - nur Belgien und Dänemark sind noch teurer.

Die stark exportorientierte Branche verzeichnet auch bei der Exportquote ein leichtes Minus und schließt Ende 2023 bei 83,9 Prozent (2022: 84,5 %). Der 2023 im Ausland erwirtschaftete Umsatz lag bei 23,9 Mrd. Euro. Nach wie vor stellt der EU-Raum mit einem Anteil von 63,5 Prozent den wichtigsten Exportmarkt für die Branche dar. Betrachtet man die einzelnen Staaten, ist Deutschland mit einem Anteil von 29,8 Prozent weiterhin der größte Exportpartner der österreichischen EEI. Der Anteil der EEI-Produkte an den Gesamtausfuhren Österreichs belief sich 2023 auf 9,9 Prozent. Gemessen an der abgesetzten Produktion stellte die Elektro- und Elektronikindustrie auch 2023 die drittgrößte Industriesparte in Österreich dar.

Ein Fehlen von Arbeitskräften in diesem Bereich führt auch dazu, dass wir die digitale und grüne Transformation nicht schaffen werden.
Wolfgang Hesoun, FEEI

Hesoun warnt vor Auswirkungen auf die Energiewende

„Die Auswirkungen der vielfältigen Krisen, die hohe Kostenbelastung der letzten Jahre und der massive Nachfragerückgang schlagen sich nun auch in Zahlen nieder“, betont FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun im Rahmen der Jahrespressekonferenz. Diese Entwicklung sei „doppelt tragisch", so Hesoun: „Denn wir sprechen hier nicht nur von bislang sicheren, qualifizierten und gut bezahlten Jobs, die das heimische Bruttoinlandsprodukt und damit unser aller Wohlstand erhöhen. Ein Fehlen von Arbeitskräften in diesem Bereich führt auch dazu, dass wir die digitale und grüne Transformation nicht schaffen werden."

Den von der Bundesregierung kürzlich beschlossenen Made in Europe-Bonus bewertet der Verband als ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Top-Up Förderung von bis zu 20 Prozent - abhängig davon, wie viele europäische Komponenten in neuen PV-Anlagen verbaut werden - ermöglicht es, Wertschöpfung im Land zu halten.

.FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun
FEEI-Obmann Wolfgang Hesoun - © FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie/APA-Fotoservice/Hörmandinger
Es geht längst nicht mehr darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sondern Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.
FEEI

Forderungen nach Standortstärkung

Als eine wesentliche Ursache der sinkenden Wirtschaftsleistung identifiziert Hesoun die über dem EU-Schnitt liegende Inflation in Österreich in den letzten drei Jahren. Das habe die Unternehmen unter enormen Kostendruck gesetzt. „Die hohen Lohnabschlüsse in Kombination mit anderen erhöhten Kosten und dem massiven Nachfragerückgang kann sich für unsere Industrie mittelfristig nicht ausgehen. Unsere Unternehmen stehen im globalen Wettbewerb", so Hesoun. Ein Unternehmen müsse am Ende des Tages gewinnbringend geführt werden – sei das nicht möglich, werden Jobs abgebaut, kritisiert Hesoun auch mit Blick auf die letzten Kollektivvertragsverhandlungen.

Der FEEI plädiert daher für eine rasche Senkung der Lohnnebenkosten, einen Bürokratieabbau, nachhaltig angelegte Förderungen sowie die Stärkung und den Ausbau von Infrastruktur. Dekarbonisierung und Digitalisierung müssen forciert werden, wobei Technologieoffenheit ein wichtiger Pfeiler sei und Cybersecurity noch stärker in den Fokus genommen werden müsse, bekräftigt der Verband. Um Grundlagenforschung in Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu übersetzen, fordert der FEEI auch eine vierprozentige F&E-Quote, für die es Unterstützung aus Bundesmitteln von zumindest 6,8 Mrd. Euro im Zeitraum 2027 bis 2029 brauche.

Es braucht weiterhin mehr Ausbildungsplätze im MINT-Bereich, die Attraktivierung des zweiten Bildungswegs, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung des qualifizierten Zuzugs.
Marion Mitsch, FEEI

Fachkräftemangel bleibt aktuell

Was das Thema Fachkräfte betrifft, konkurrieren zwei unterschiedliche Pole miteinander: Einerseits setzt sich der FEEI für eine „neue und den aktuellen
Gegebenheiten entsprechend sinnvolle Herangehensweise an künftige
Kollektivvertragsverhandlungen" ein – andererseits herrscht ein akuter Fachkräftemangel in der Branche, für die Arbeitsplätze attraktiviert werden müssen.

Der Aufbau von qualifizierten Arbeitskräften sei laut Verband essenziell. „Die Elektro- und Elektronikindustrie bietet viele spannende Jobs, die im Hinblick auf Dekarbonisierung und Digitalisierung auch dringend notwendig sind. Arbeitskräfte in der EEI gestalten die Zukunft mit und sind Taktgeber der Innovation", erklärt FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch mit Blick auf die Kampagne #JoinTheFuture, die seit Herbst 2023 gezielt Jugendliche ansprechen soll.

Gab es laut WKO-Lehrlingsstatistik im September 2023 in der EEI 1.263 Lehrlinge, waren es im September 2024 bereits 1.343. Das ist ein Zuwachs von rund 6 Prozent. Für Mitsch ist klar: „Es braucht weiterhin mehr Ausbildungsplätze im MINT-Bereich, die Attraktivierung des zweiten Bildungswegs, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung des qualifizierten Zuzugs.“

FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch
FEEI-Geschäftsführerin Marion Mitsch - © FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie/APA-Fotoservice/Hörmandinger