IoT-Lösungen für die Energiewende : Microtronics: Wachstum in Sicht

Microtronics-CFO Stefan Pfeffer sieht zahlreiche mögliche Anwendungen seines „IoT-Ökosystems“ in der Energiebranche.

Microtronics-CFO Stefan Pfeffer sieht zahlreiche mögliche Anwendungen seines „IoT-Ökosystems“ in der Energiebranche.

- © Microtronics

Elektropraxis@Punktum: Mictrotronics bietet IoT-Ökosysteme aus Hardware, Software und Services für unterschiedlichste Branchen. Was genau ist darunter zu verstehen?

Stefan Pfeffer:
IoT oder Internet-of-Things ist heute sozusagen zu einem Buzzword geworden, das verschieden interpretiert werden kann. IoT ist letztlich ein Werkzeug für die Umsetzung von Digitalisierung und für die Verbindung der physischen mit der digitalen Welt. Das ermöglicht neue Geschäftsmodelle oder etwa auch Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen bei bestehenden Prozessen. Dafür braucht es nicht nur die Technologie, sondern auch das Know-how für Betrieb und Life-Cycle-Management.

Zu einer IoT-Lösung gehören naheliegenderweise die „Things“, ob das nun ein Sensor für die Hochwasser-Frühwarnung oder ein Smart Meter ist. Die gewonnenen Daten müssen in die Cloud übertragen und zusammengeführt werden. Wir bieten einerseits das Ökosystem dafür, andererseits helfen wir unseren Partnern bei neuen Projekten in die Schuhe, wie man auf gut Mostviertlerisch sagen würde. Das heißt, wir stellen konfigurier- und programmierbare Lösungen zur Verfügung und bringen Projekte auf den Weg.

Auf Ihrer Website heißt es: „51 Partner, 80 Länder, 50 Branchen“. Wie kommt es zu dieser Vielfalt?


Pfeffer: Wir haben zwar Kernbereiche wie Asset-Tracking, Umwelttechnik, Energietechnik, Wasser- und Abwasser-Management, grundsätzlich lassen sich unsere Lösungen aber branchenübergreifend einsetzen. Da wir seit 17 Jahren am Markt sind, ist mit der Zeit ein bunter Unternehmens- und Branchenmix zusammengekommen. Dabei expandieren wir geografisch mit unseren Kunden. Ein prominenter Kunde ist beispielsweise Stihl. Das Produkt, ein Mährobotersystem, wird in drei Dutzend Länder exportiert. Das heißt, unser sogenannter „Technologie-Footprint“ reicht weit über Österreich hinaus.

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ESGs: Regulatorischer Druck steigt

Gehen Sie mit fertigen Lösungen zu Ihren Kunden unterschiedlicher Branchen oder kommen diese mit einer bestimmten Problemstellung auf Sie zu?

Pfeffer: Wir verfolgen eine Partnerstrategie, indem wir den Unternehmen helfen, mit intelligenten Lösungen noch besser und effizienter zu arbeiten. Nehmen wir etwa die Dokumentationsflut, die in diversen Bereichen auf die Betriebe zukommt – von Energiemanagement und Energieeffizienz bis hin zu ESG-Themen. Der regulatorische Druck diesbezüglich wird immer größer.

Gerade die ESG und die neue EU-Regulatorik gehörten zu den bestimmenden Themen der Branche. Microtronics hat dafür bereits fertige Lösungen?

Für den Schaltschrank entwickelt: der Controller myDatalogC3.
© Microtronics

Pfeffer: Das ist ein Steckenpferd von uns. Mit Energiemanagement und Energieeffizienz beschäftigen wir uns unter anderem in Forschungsprojekten. In Wieselburg sind wir an einem Energiemanagement-Projekt gemeinsam mit BEST, AIT und EVN beteiligt, in das mehrere kommunale und Gewerbeobjekte eingebunden sind.

Auf der anderen Seite setzen wir auch konkrete Projekte zum Energiemanagement mit Unternehmen um. Die Herausforderung besteht häufig darin, die Daten von Geräten unterschiedlicher Hersteller, die womöglich an mehreren Standorten generiert werden, zusammenzuführen und über ein Dashboard einsehbar zu machen. Ob Stromtankstelle oder Wechselrichter – mit unseren Lösungen können wir dazu beitragen, Daten verschiedenster Sensoren und Aktoren für die Analyse und Weiterverarbeitung bereitzustellen.

Mit unseren Bestandsprodukten wie dem Schaltschrank-Controller myDatalogC3 können wir Daten aus dem Feld hereinholen. Über unsere 50.001-zertifizierte Plattform werden die Daten aus mehreren Quellen verfügbar gemacht.

Für den Schaltschrank entwickelt: der Controller myDatalogC3.
Für den Schaltschrank entwickelt: der Controller myDatalogC3. - © Microtronics
Wir arbeiten an einer Möglichkeit für Privathaushalte, Daten von Smart Metern praktisch in Echtzeit bereitzustellen.

Lösungen für den Energiesektor

Das von Ihnen angesprochene Forschungsprojekt NETSE widmet sich der Umsetzung einer Energiegemeinschaft. Was von Seiten der Energiegemeinschaften häufig kritisiert wird, ist die Tatsache, dass gerade Smart Meter die Daten nur zeitverzögert bereitstellen, wodurch die Optimierung des Eigenverbrauchs erschwert wird …

Pfeffer: Ich kann noch nicht alles verraten, aber wir arbeiten an einer Lösung, um die Daten von Smart Metern nahezu in Echtzeit bereitzustellen. Das funktioniert bereits jetzt mit einer bestehenden Microtronics-Lösung, zurzeit arbeiten wir noch an einer Umsetzung, die im Sinne der Anwender*innen einfacher zu handhaben ist. Smart ist gut, aber die Zeit ist schließlich ein wesentlicher Faktor bei der Abstimmung von Erzeugung und Verbrauch. Seitens Oesterreichs Energie ist ein Smart-Meter-Dongle für Privathaushalte in Umsetzung. Dieser funktioniert jedoch über das WLAN. Unsere Lösung nutzt Mobilfunk und eignet sich für ein B2B-Umfeld bzw. für gewerbliche und kommunale Nutzung.

Unsere IoT-Lösungen zum Hochspannungsseil-Monitoring sind seit 2008 im Einsatz.

Auf welche Lösungen und Projekte können Sie sonst noch im Energiesektor verweisen?

Pfeffer: Unsere Lösungen zum Hochspannungsseil-Monitoring sind seit 2008 im Einsatz. Durch Alternativ-Energien wie PV, Wind und Co. wird es nun immer wichtiger, in Echtzeit über den Zustand der Netze auf dem Laufenden zu sein.

Wurde das Produkt seit der Einführung weiterentwickelt? Oder ist die Lösung derart ausgereift, dass sie nun schon seit 15 Jahren unverändert läuft?

Pfeffer: Die Anwendung an sich hat sich nicht verändert, während sich die Technologien im Hintergrund beispielsweise von 2G bis hin zu 5G weiterentwickelt haben. Für den Kunden wichtig ist, dass die Anwendung gut zu bedienen ist und sicher und stabil funktioniert. Genau das gewährleisten unsere Systeme.

Informationen übers Stromnetz in Echtzeit liefert die Leiterseilüberwachung.
Informationen übers Stromnetz in Echtzeit liefert die Leiterseilüberwachung. - © Microtronics

Was ist NETSE?

NETSE oder „Nutzerorientierte Entwicklung von Technologien und Services für Energiegemeinschaften“ heißt ein Forschungsprojekt, an dem neben Microtronics gleich mehrere Forschungsinstitute (4ward Research, BEST research, AIT) sowie Netz Niederösterreich, EVN und die Stadtgemeinde Wieselburg beteiligt sind.

Ziel ist es, durch den Einsatz von Service-Engineering-Methoden neue Anwendungen mit hoher Nutzer*innenakzeptanz zu entwickeln. Dazu gehören ein Optimierungstool für Energiegemeinschaften, eine Daten- und Informationsplattform für die Abwicklung von Geschäftsprozessen, Steuer- und Regelungsaufgaben sowie Konzepte für innere Organisation und Tarifmodelle.

Wir leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Gesellschaft und sind auf entsprechend rasches Wachstum eingestellt.

Demokratisierung der IT: Können die KMU mithalten?

Sie sprechen gern von einer „Demokratisierung der IT“. Ist die technische Komplexität Ihrer Lösungen für KMU zu bewältigen?

Pfeffer: In jedem Fall. Unternehmen wollen ja das Rad nicht selbst bauen, sondern damit fahren. Wir stellen ihnen ein funktionstüchtiges Fahrrad zur Verfügung. Daher bieten wir gemeinsam mit unseren Partnern bewusst sehr niederschwellige Lösungen. Vergleichbar ist das mit einem ERP-System, wie es kleine und mittlere Unternehmen für Auftragsabwicklung und Buchhaltung einsetzen. Sie wollen das System und dessen Module nutzen und nicht selber entwickeln. Ähnlich unser Angebot: Wir stellen die Werkzeuge zur Verfügung, unsere Kunden können sie einsetzen.

Das Non-Financial-Reporting nimmt zu. Die großen Unternehmen setzen sich schon heute ESG-Ziele und geben diese an Vorlieferanten weiter. Damit wird das auch ein KMU-Thema. Um noch auf die Energiegemeinschaften überzuleiten: In Niederösterreich gibt es die Verpflichtung, einen Energiebeauftragten zu bestimmen. Dieser muss die Energiedaten der einzelnen Objekte auf monatlicher Basis in ein Energiemanagementsystem einpflegen. Mit IoT-Lösungen lässt sich dieser Vorgang automatisieren.

Wie steht es um den Datenschutz bei Ihren Lösungen?


Pfeffer: Das ist für uns ein Riesenthema, das wir sehr ernst nehmen. Wir haben einen Experten für Cybersecurity im Unternehmen und sind gemäß der Norm 27.001 zertifiziert. Das betrifft nicht nur das Unternehmen, sondern sämtliche Prozesse. Das Rechenzentrum befindet sich an unserem Standort in Ruprechtshofen. Und selbstverständlich sind unsere Software und unsere Systeme auch zu 100 Prozent DSGVO-konform.

Sie bewegen sich in einem stark wachsenden Marktsegment. Derzeit hält Microtronics bei 50 Mitarbeitenden und 6 Millionen Euro Umsatz. Wird man auf Dauer mit dem gegenwärtigen Firmenstandort das Auslangen finden?

Pfeffer: Wir befinden uns an der A1 zwischen Wien und Linz, der Standort ist grundsätzlich gut gelegen. Ein Wachstum bis auf geschätzt 100 Mitarbeitende wird sich in Ruprechtshofen wohl ausgehen, danach wird’s eng. Unsere Lösungen funktionieren weltweit und sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Ich rechne daher damit, dass es in fünf bis zehn Jahren weitere Microtronics-Standorte geben wird, auch im Ausland.

50 Beschäftigte zählt das Unternehmen zurzeit in Ruprechtshofen. Eine Verdoppelung am Standort wäre möglich.
50 Beschäftigte zählt das Unternehmen zurzeit in Ruprechtshofen. Eine Verdoppelung am Standort wäre möglich. - © Microtronics

Microtronics-Lösungen für Energiemonitoring

Vier Kernbereiche hat Microtronics im Bereich des Energiemonitoring entwickelt:

  • Gebäude-Monitoring: Mittels Energiemanagementsystem werden Energieflüsse in Gebäuden aufgezeichnet und analysiert. Eine Prüfung auf Plausibilität und Vollständigkeit garantiert für hohe Datenqualität.
  • Leiterseilüberwachung: Das Monitoring von Hochspannungsleitungen ermöglicht die Erfassung der Leiterseiltemperatur mit niedrigem wirtschaftlichen Aufwand. Dadurch wird ein effizienter Betrieb der Infrastruktur gewährleistet.
  • Verbrauchsoptimierung: Durch die Überwachung des Strom- und Wasserverbrauchs kann der Bedarf optimiert werden. Das spart Kosten und Ressourcen.
  • Monitoring von PV-Anlagen: Fehlende Infrastruktur wie Strom und Internetanbindung können zur Herausforderung bei der Überwachung von Freiflächen-Anlagen werden. Gelöst wird dies durch den autarken Betrieb der Messgeräte.