Forschung : Energiesparchips aus Galliumnitrid punkten mit Effizienz
Ein europäisches Forscherteam hat kompakte, kostengünstige Energiesparchips aus dem Halbleitermaterial Galliumnitrid entwickelt. Damit eröffnet sich eine neue Dimension der Energieeffizienz beim kabellosen Laden von Elektroautos, bei der Einspeisung erneuerbarer Energien ins Stromnetz und die Möglichkeit eines nachhaltigen 5G-Rollouts.
Im Forschungsprojekt „UltimateGaN“ hat sich ein Team aus Wissenschaft und Wirtschaft der Aufgabe gestellt, die Vorteile der GaN-Technologie für viele Anwendungen nutzbar zu machen. Durch material- und prozesstechnische Weiterentwicklungen gelang es, effiziente und kompakte GaN-Energiesparchips zu global wettbewerbsfähigen Kosten bereitzustellen.
Schrittmacher der Nachhaltigkeit
Der entwickelte Prototyp für das kabellose Laden von E-Autos konnte in puncto Energieeffizienz die Energie mit einem Effizienzgrad von 96 Prozent übertragen. Zum Vergleich: Am Markt verfügbare Systeme liefern aktuell Wirkungsgrade von etwa 93 Prozent. Eine Drei-Prozent-Verbesserung der Energieeffizienz klingt im ersten Moment vielleicht nach wenig, bietet aber das Potenzial, bis 2030 eine Verringerung von circa 1,7 Megatonnen CO2 pro Jahr zu erreichen. Umgerechnet entspricht das in etwa dem Ausstoß von rund einer Million Autos mit Verbrennungsmotor.
Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria: „Energieeffizienz ist weltweit eine der größten Ressourcen, um Energie zu sparen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Leistungshalbleiter aus Galliumnitrid sind dabei echte Schrittmacher der Nachhaltigkeit. Jeder Prozentpunkt zählt und ist ein Beitrag zum europäischen Green Deal." Infineon hat das Projekt als globales Kompetenzzentrum für neue Halbleitermaterialien wie Galliumnitrid koordiniert.
„UltimateGaN ist ein Vorzeige-Forschungsprojekt, weil es die Kompetenzen von 26 Partnern aus 9 EU-Ländern bündelt und Verbesserungen in der gesamten GaN-Wertschöpfungskette ermöglicht: von Forschungsarbeiten am Material über Prozessentwicklung, Design, Packaging bis hin zur Systemlösung“, ergänzt Herbert Pairitsch, Director Technology & Innovation bei Infineon Technologies Austria und Gesamtprojektleiter.
Gut zu wissen: Über Galliumnitrid
In der Halbleitertechnologie kann der Rohstoff GaN, der als Nebenprodukt bei der Aluminiumherstellung anfällt, sein volles physikalisches Potenzial entfalten. GaN-Halbleiter sind hitzebeständiger, bringen mehr Leistung, wandeln Energie schneller und haben damit weniger Energieverluste.
Durch die Energieeinsparungen kommt GaN indirekt der Umwelt zugute, da weniger Emissionen anfallen. Diese Vorteile kommen bereits bei LED-Leuchten und bei Netzteilen in der Unterhaltungselektronik zum Tragen. Verglichen mit anderen Ladelösungen reduziert GaN hier die Energieverluste um 21 Prozent. Durch die Forschungen im Projekt „UltimateGaN“ solle leistungsstarke GaN-Chips jetzt auch für weitere Anwendungen nutzbar werden.
Effizienter in Design und Prozess
Im „UltimateGaN“ Projekt wurden leistungsstarke GaN-Schichten auf 200-Millimeter Silizium-Wafern realisiert und in verschiedenen Anwendungen getestet. In Kombination mit fortschrittlichen Metallisierungsverfahren, optimierten Aufbau- und Verbindungstechnologien sowie Designanpassungen gelang es, den Systemaufbau des GaN-Mikrochips zu verbessern und die Größe weiter zu verkleinern. Unterm Strich bedeutet das: kleinere Bauformen bringen kleinere Gehäuse, weniger Material- und Ressourcenverbrauch, eine bessere Produktivität in der Herstellung und damit geringere Fertigungskosten. Im Projekt wurden konkret drei Anwendungen adressiert: Smart Mobility, Smart Grid und 5G-Kommunikationsnetze.
Smart Mobility: Kabelloses Laden von E-Autos
GaN-Bauelemente sind gerade bei effizienzgetriebenen Anwendungen wie etwa dem Laden von E-Autos von Nutzen. Wenn dies noch dazu kabellos erfolgt, steigt auch der Bedienkomfort. Das Forscherteam entwickelte dazu ein bidirektionales 3,6-kW-Batterieladegerät mit GaN-Leistungswandlern. Der Prototyp erzielte einen Effizienzgrad von bis zu 96 Prozent, was bisherige Wirkungsgrade von 90 bis 93 Prozent übertrifft. Die zugrundeliegende induktive Ladetechnik funktioniert auch bei Schnee und Eis und ist beispielsweise auch dort praktisch, wo sich Fahrzeuge oft aufhalten, z. B. beim Supermarkt oder bei Stadtparkplätzen.
Smart Grid: Integration erneuerbarer Energien
Potenzial gibt es auch bei Energien aus Sonne und Wind und deren Integration ins Stromnetz. Intelligente Leistungselektronik minimiert dabei Energiewandlungsverluste. Im Projekt wurde dazu ein modulares GaN-Wandlungskonzept für die Integration von Microgrids - also lokalen Teilnetzen aus Photovoltaik, Wind und Speichertechnologien - in das Smart Grid umgesetzt. Über 3.000 Stunden Feldtests haben belegt, dass die GaN-Bauelemente Wirkungsgrade von bis zu 98,4 Prozent aufweisen.
5G-Kommunikation: Schneller Datentransfer
Die Forschungen legen auch die Basis für GaN-Verstärkermodule und damit für einen schnellen Datentransfer beispielsweise für die Kommunikation im Internet der Dinge. Da die energieeffizienten 5G-Verstärker aus GaN kostengünstiger sind, ist ein schnellerer und klimaschonender 5G-Rollout möglich. Das Projekt wurde auch mit dem Futurezone Award 2019 in der Kategorie 5G ausgezeichnet.
Über das Projekt „UltimateGaN“
Das europäische Projekt „UltimateGaN“ (Research for GaN technologies, devices and applications to adress the challenges of the future GaN roadmap) lief insgesamt dreieinhalb Jahre. Das Projektvolumen von 48 Mio. Euro wurde aus Investitionen der Industrie, Förderungen der einzelnen beteiligten Länder sowie dem ECSEL Joint Undertaking (Electronic Components and Systems for European Leadership) finanziert.
Die Projektpartner sind:
- Österreich: Austria Technologie & Systemtechnik, Infineon Technologies Austria, Fronius International, SAL Silicon Austria Labs, Technische Universität Graz
- Belgien: IMEC
- Deutschland: AIXTRON SE, Infineon Technologies, Siltronic, Max-Planck-Institut für Eisenforschung, Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, Technische Universität Chemnitz, NaMLab
- Italien: Università degli studi di Padova, Infineon Technologies Italia, Universita di Milano Bicocca
- Norwegen: Eltek
- Slowakei: Slovak University of Technology in Bratislava, Nano Design
- Schweiz: Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Attolight
- Spanien: IKERLAN, For Optimal Renewable Energy, LEAR
- Schweden: RISE Research Institutes of Sweden, SweGaN