Strompreisbremse durch Erneuerbare Energien : Senken Erneuerbare den Strompreis?

An illustration of fields with solar panels and wind turbines at sunset, showcasing the beauty of renewable energy and its potential to transform the way we generate power. Ai generated
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Die Energiekrise der letzten Jahre hat nicht nur verdeutlicht, wie abhängig Europa von Erdgas ist, sondern auch, wie stark Erdgas die Strompreise in die Höhe treiben kann. Zum Vergleich: 2022 waren die Energiepreissteigerungen ausgeprägter als in der Ölpreiskrise der 70er.

Allein durch den Zubau von etwa 90 GW an Windkraft und Photovoltaik hat Europa nach Angaben der Internationalen Energie Agentur in den letzten beiden Jahren Kosten von mehr als 100 Mrd. Euro eingespart. Prozentuell gesehen lag der Strompreis damit 2022 um 8 Prozent und 2023 um 15 Prozent unter jenem fiktiven Preis, der ohne die neu installierten PV- und Windkraftkapazitäten zu erwarten gewesen wäre.

Österreich ist Nettostromimporteur, der Eigenverbrauch kann also nicht vollständig mit eigener Erzeugung gedeckt werden. Der Ausbau der Erneuerbaren lag unter dem Zuwachs des Stromverbrauches und konnte die Stromimportlücke daher nicht schließen. Nach wie vor importiert Österreich um die 10 Prozent seines Stromes aus dem Ausland; 2022 lag der Nettostromimport bei 11,7 Prozent des Stromverbrauchs.

Speziell der Windkraft-Ausbau sei für Österreich relevant, weil derzeit vor allem im Winter der Strom aus Gaskraftwerken den Strompreis deutlich in die Höhe treibe, weiß Karina Knaus von der Österreichischen Energie Agentur. „Um das große positive Potenzial der Windkraft für Österreich zu nutzen, braucht es nach wie vor Änderungen der Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windkraft auf Bundes- und Landesebene“, betont Stefan Moidl von der IG Windkraft.

Seit der Strompreiszonentrennung von Deutschland 2018 Österreich etwa 3,1 Mrd. Euro mehr für den Strom. Denn Deutschland kann im Winter auf einen deutlich höheren Anteil an Windstrom zurückgreifen, während Österreich in höherem Maße von Gaskraftwerken abhängig ist. „Der rasche Ausbau vor allem der Windkraft würde helfen, den Strompreis in Österreich deutlich zu senken“, so Knaus.

Stefan Moidl
Stefan Moidl von der IG Windkraft - © Astrid Knie
Der rasche Ausbau vor allem der Windkraft würde helfen, den Strompreis in Österreich deutlich zu senken.
Karina Knaus, Österreichische Energie Agentur

Merit Order: Einfluss durch Erneuerbare

Die Merit Order ist Methode zur Strompreis-Berechnung am europäischen Markt und fungiert als eine Art Rangliste für die Stromerzeugungstechnologien. Dadurch bestimmt das letzte und somit teuerste Kraftwerk den Strompreis. Warum das so ist? Die günstigsten Energieerzeugungsanlagen, oft erneuerbare Energien, haben die niedrigsten Grenzkosten. Sie stehen daher an erster Stelle in der Merit Order.

Wenn die Nachfrage nach Strom ansteigt und die Kapazität der günstigsten Anlagen nicht ausreicht, werden teurere Kraftwerke aktiviert. Das sind in der Regel etwa Gas- und Kohlekraftwerke, deren Grenzkosten höher ausfallen, weil sie fossile Brennstoffe benötigen. Der Preis für Strom so also durch das teuerste aktivierte Kraftwerk bestimmt, das benötigt wird, um den aktuellen Bedarf zu decken.

Je höher die Präsenz kostengünstiger, nachhaltiger Energiequellen in der Merit Order ist, desto eher können teurere (fossile) Kraftwerke aus dem Markt gedrängt werden. Das bedeutet wiederum niedrigere Strompreise für Verbraucher*innen.

Funktionsprinzip der Preisfindung im Europäischen Großhandel: Die „Merit-Order-Kurve

- © Österreichische Energieagentur

PV Austria: Erneuerbare Kraftwerke sind Garant für günstigen Strompreis

„Die Stromerzeugung über Erneuerbare Kraftwerke im Allgemeinen und im speziellen der Photovoltaik sind ein Garant für einen günstigen Strompreis. Je mehr erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, umso weniger teure fossile Kraftwerke werden benötigt, die den Strompreis in die zuletzt bekannte Höhen treibt", bestätigt auch Vera Immitzer, Geschäftsführerin von Photovoltaic Austria.

Durch weitere Verbesserungen der rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sei es laut Immitzer möglich, die Kosten noch weiter zu senken. Aktuell klage die Branche aber noch über die viele Zeit und Mühe, die in Genehmigung von PV-Anlagen gesteckt werden müsse, auch der Ablauf zum Netzanschluss von Photovoltaikanlagen sei verbesserungswürdig.

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Vera Immitzer (Photovoltaic Austria): „Für den Ausbau der Erneuerbaren braucht es neben dem Bund vor allem die Länder und eine aktive Energieraumplanung.“
Vera Immitzer, Geschäftsführerin von Photovoltaic Austria - © PVA
Angesichts der zunehmenden Elektrifizierung müssen wir davon ausgehen, dass der Strombedarf in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen wird – das wirkt sich natürlich ebenfalls auf die Preise aus.
Christian Zwittnig, Österreichs Energie

Österreichs Energie: Strompreis hat weitere Einflussfaktoren

Wie sehr sich mehr erneuerbare Kraftwerke im Strompreis für Endkund*innen tatsächlich niederschlagen, ist jedoch eine andere Frage. „Ganz so einfach ist die Sache unserer Einschätzung nach leider nicht", merkt Christian Zwittnig, Kommunikationsleiter bei Österreichs Energie, der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, an.

Denn: „Es stimmt zwar, dass der Ausbau der Erneuerbaren – und damit verbunden, die Ausweitung des Stromangebots – bei gleichbleibender Nachfrage auf den Großhandelsmärkten zu sinkenden Strompreisen führen würde. Angesichts der zunehmenden Elektrifizierung müssen wir jedoch davon ausgehen, dass der Strombedarf in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen wird – das wirkt sich natürlich ebenfalls auf die Preise aus."

Betrachte man die Endkund*innenpreise, komme ein weiterer Aspekt hinzu: Energie macht dort derzeit nur etwa die Hälfte der Gesamtkosten aus, so Zwittnig. Die andere Hälfte verteilt sich zu etwa gleichen Teilen auf Steuern und Abgaben sowie Netzkosten. „Gerade die Netzinfrastruktur stellt der Erneuerbaren-Ausbau und die fortschreitende Elektrifizierung aber vor hohe Herausforderungen – es wird daher in den kommenden Jahren auch in diesen Bereichen umfassende Investitionen brauchen. Die Kosten, die dadurch entstehen, werden dann über die Netztarife auf die Stromkund*innen umgelegt und wirken sich am Ende ebenfalls auf die Stromrechnung aus."

Aufgrund dieser Entwicklungen geht Österreichs Energie derzeit nicht davon aus, dass die Strompreise in den kommenden Jahren wieder auf das Preisniveau vor der Energiekrise fallen – klar sei aber auch, dass sich die Preise langfristig nur stabilisieren können, wenn die Stromerzeugung ausgebaut und gleichzeitig umfassend in Netze und Speicher investiert wird, betont man bei der Interessenvertretung.