Energieversorgung : Forum Versorgungssicherheit fürchtet Engpässe bei Photovoltaik
Photovoltaik boomt. Immer mehr Österreicher*innen installieren PV-Module auf Wohnhäusern oder Gewerbeanlagen, um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Beim Verteilernetzbetreiber Linz Netz etwa liegen die Anträge für den Anschluss neuer Anlagen allein im ersten Quartal 2022 um 85 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings droht diese Entwicklung gerade wegen des großen Erfolgs ins Stocken zu geraten – diesem Problem widmete sich das Energiepolitische Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit. Das Forum verortet die Schuld dafür in Lieferengpässen, Fachkräftemangel bei den Installationsbetrieben sowie bürokratische Hürden.
Von Zeitdruck und Abregelung
Der Geschäftsführer von Linz Netz, Johannes Zimmerberger, zeigt sich vor allem unzufrieden mit der Stichtagsregelung bei den Förderungen. Anträge für Investitionszuschüsse bei neuen PV-Anlagen können nur an 4 Stichtagen im Jahr bei der Ökostromförderstelle OeMAG gestellt werden. Für einen Antrag brauchen die Förderwerbenden die Zusage des zuständigen Netzbetreibers, dass die PV-Anlage auch ans Netz angeschlossen werden kann. „Die Folge ist ein Ansturm an Ansuchen, die wir innerhalb kürzester Zeit bewältigen müssen“, berichtet Zimmerberger, „wir müssen dafür eine Fülle von Daten überprüfen, das nimmt Zeit in Anspruch. Unsere Stromkund*innen stehen dabei selbst unter Druck, weil sie ja den Stichtag versäumen, wenn sie die Zusage nicht rechtzeitig erhalten.“ Die Netzbetreiber wünschen sich daher, so Zimmerberger, „dass dieses Fördersystem evaluiert wird. Was spricht dagegen, 12 Stichtage im Jahr einzuführen, sodass man monatlich Anträge stellen kann?“
Eine weitere Beschleunigung könnte auch erreicht werden, indem die Fülle an benötigten Daten für die Antragstellung reduziert wird. Kleinere Anlagen bis 20 kW Spitzenleistung müssen die Netzbetreiber laut Gesetz in jedem Fall anschließen, man könne sich hier also die genaue Datenauskunft ersparen, die Förderstelle habe sowieso die Gewissheit, dass die Anlage ans Netz gehen kann, so Zimmerberger. Schließlich erneuert der Geschäftsführer von Linz Netz die Forderung der Netzbetreiber, dass die nur selten erreichten Spitzenwerte einer Anlage bei Bedarf abgeregelt – also nicht ins Netz eingespeist – werden sollen: „Wir ersparen uns einen teuren zusätzlichen Netzausbau, wenn die Netzkapazität nicht auf eine Spitzenleistung ausgerichtet sein muss, die nur in sehr wenigen Stunden tatsächlich erreicht wird. Dies zeigt sich am Beispiel einer bereits installierten Anlage: Schon ein Abregeln auf 95 Prozent der Spitzenleistung würde viel Geld ersparen, während dabei lediglich 0,66 Prozent der jährlichen Stromproduktion verloren gehen würden.“
Verzögerungen durch Lieferengpässe und Fachkräftemangel
Eine weitere Unsicherheit ergibt sich dadurch, dass Antragstellende ihr Projekt innerhalb einer fixen Frist von sechs Monaten fertigstellen müssen, damit sie ihren Anspruch auf Förderungen wahren. „Es gibt aber Lieferengpässe bei wichtigen Komponenten, derzeit etwa bei Wechselrichtern. Dazu kommt, dass die Installationsbetriebe durch den Boom ebenfalls überlastet sind. Es fehlt an qualifizierten Fachkräften“, bemängelt Zimmerberger. Da die Förderanträge gestellt werden müssen, bevor ein Projekt in Angriff genommen wird, kann es daher passieren, dass jemand eine Förderzusage erhält und erst dann feststellt, dass er die Frist nicht halten kann. Materialmangel sowie der starke Preisanstieg bei Komponenten bringen auch die Netzbetreiber unter Druck: „Die Lieferzeiten für Betriebsmittel wie Transformatoren, Zähler oder Kabel liegen derzeit bei bis zu 70 Wochen, die Preise haben sich zum Teil verdoppelt", weiß Zimmerberger. In Folge drohen Verzögerungen, wenn der Anschluss größerer Anlagen einen Ausbau der Netzkapazität notwendig macht.
Gegen den Fachkräftemangel sollten eigene Ausbildungsprogramme gestartet werden, fordert die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, vor: „Da sehe ich die Arbeitsmarkt-Organisation und die Arbeitsmarktpolitik gefordert. Wir brauchen eine Initiative, um kurzfristig mehr ausgebildetes Personal in den Bereich erneuerbare Energien zu bringen. Studien zeigen, dass wir bis zu 100.000 zusätzliche Arbeitskräfte in dieser Branche brauchen werden.“
Wissenswert
Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.