Österreichs Energiewende in Zahlen : So kommt Bewegung in die Energiewende

solar panels and wind turbines that use green energy. artwork in a flat design. Generative AI

Wie weit ist Österreichs Energiewende tatsächlich und wo hakt es? Elektropraxis@Punktum hat analysiert.

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Alljährlich im Juni wird München zum Schauplatz der Messeallianz der Energiewirtschaft, auch bekannt als The smarter E Europe. Ein Auftritt, der die vier Fachmessen Intersolar, ees, Power2Drive und EM-Power unter einem Dach versammelt. Zu finden sind hier PV-Anlagen, Speicher, Wärmepumpen, Produkte für Elektromobilität, Energiemanagementsysteme und vieles mehr.

Geografisch gesehen richtet sich der Blick diesmal nach Osteuropa. Polen zählt laut Branchenverband SolarPower Europe schon seit 2016 zu den Top Ten beim europäischen PV-Ausbau. Neu in der Rangliste ist Ungarn mit einem Zubau von 1,6 Gigawatt und einem Wachstum von 45 Prozent auf Vorjahresbasis in 2023.

Damit nicht genug, haben auch Bulgarien, Rumänien und Tschechien die Ein-Gigawatt-Marke überschritten. In Bulgarien trug die Photovoltaik damit an sonnigen Tagen bereits rund 40 Prozent zur Energieversorgung bei. Rumänien baute 2023 dreimal so viel zu wie im Jahr davor und in Tschechien konnte die Zahl der Neuanlagen nahezu verdoppelt werden.

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The smarter E 2024: In München blickt die Solarbranche Richtung Osteuropa.
The smarter E 2024: In München blickt die Solarbranche Richtung Osteuropa. - © Solar Promotion GmbH

Agri-PV: Landwirtschaft mit Sonnenkraft

Bis 2030 sollen in der EU 750 Gigawatt an Solarenergie installiert werden. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, wird zunehmend auch auf Agri-PV gesetzt. Für landwirtschaftliche Betriebe ergibt sich daraus nicht nur eine neue Einkommensquelle. Die PV-Module bieten Schutz vor Sturm-, Hagel-, Frost- und Dürreschäden.

Besonders im Garten- und Weinbau kann dadurch der Ernteertrag gesteigert werden, wie bisherige Erfahrungen zeigen. Positive Effekte sieht eine Studie von Iliotec und Fraunhofer ISE beim Anbau von Raps, Sellerie, Zwiebeln und Kohl. Nutztieren dienen die Module wiederum als Schutzschild gegen Wind und Witterung.

Groß dimensionierte Pilotprojekte sind überall in Europa am Start: Im niederländischen Meierjistad wird eine 8,7-Megawatt-peak-Anlage eine gesamte Himbeerplantage überdecken. Auf Sizilien entsteht die größte Agri-PV-Anlage Europas mit 135 Megawatt Leistung, zwischen den Modulreihen sollen Feigen und Oliven gedeihen. In Deutschland arbeitet die Next2Sun Technology GmbH an einem 20-Megawatt-Solarpark mit vertikal montierten Modulen in Neißeaue. Noch größer ist ein Vattenfall-Projekt in Tützplatz. 79 Megawatt werden auf 93 Hektar erzielt, die der Produktion von Bio-Freilandeiern dienen. Die Anlage wird durch ein einachsiges Nachführsystem unterstützt.

Ohne Agri-PV keine Energiewende. Innovative Nachführsysteme erweitern die Möglichkeiten in diesem Bereich.
Ohne Agri-PV keine Energiewende. Innovative Nachführsysteme erweitern die Möglichkeiten in diesem Bereich. - © BayWa

Photovoltaik: Die Dächer reichen nicht

Und Österreich? Hier geht die Entwicklung in diesem Bereich viel zu langsam voran, mahnt Vera Immitzer, die Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria (PVA): „Für die Energiewende reichen die Dächer nicht. Wir brauchen einen Freiflächen-Anteil von 50 Prozent, derzeit sind es geschätzt nur zehn Prozent.“ Mit der Steiermark, Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland weisen erst vier Bundesländer Flächen für Photovoltaik aus.

Hierzulande wurden im Vorjahr laut PVA in Summe neue PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 2,7 bis 3 Gigawatt peak installiert – das entspricht einer Verdreifachung gegenüber 2022. Heuer wird ein Rückgang auf 1,5 bis 2 Gigawatt peak erwartet. Zu wenig, wie PVA-Vorstandsvorsitzender Herbert Paierl anmerkt: „Wollen wir die staatlichen Zielsetzungen erreichen, braucht es jedes Jahr im Schnitt 2 Gigawatt Peak an zusätzlichem Solarstrom.“ Nur so könne der heimische Strombedarf bis zum Jahr 2030 bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden.

>>> 87 Prozent Erneuerbaren-Anteil an österreichischer Stromerzeugung

PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer: „Wir brauchen einen Freiflächen-Anteil von 50 Prozent. Derzeit liegen wir bei nur zehn Prozent.“
PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer: „Wir brauchen einen Freiflächen-Anteil von 50 Prozent. Derzeit liegen wir bei nur zehn Prozent.“ - © Weinwurm
Für die Energiewende reichen die Dächer nicht. Wir brauchen einen Freiflächen-Anteil von 50 Prozent, derzeit sind es geschätzt nur zehn Prozent.
Vera Immitzer, Photovoltaic Austria

Die Zeiten, in denen die Photovoltaikanlage am Dach als Geschäftsmodell taugte, scheinen weitgehend vorüber zu sein. Jüngst kündigte die Energie AG rund 20.000 Einspeiseverträge. Die betreffenden Kunden hatten bislang 15,73 Cent je Kilowattstunde erhalten. Sie erhielten ein neues Angebot in Form eines Floater-Tarifs, der sich am Referenzmarktwert orientiert – zum Zeitpunkt der Kündigung betrug dieser nicht einmal ein Fünftel des bisherigen Einspeisetarifs.

Ein Argument für die Anschaffung eines Heimspeichers. Nicht nur in Österreich, auch in Europa profitierten diese zuletzt von den sinkenden Preisstellungen. Gemäß einer Studie des britischen Marktforschungsunternehmens LCP Delta wurde 2023 der Rekordwert von 10,1 Gigawatt an neu installierter Speicherkapazität erreicht. Davon entfielen 2,8 Gigawatt auf FoM-Projekte (= Front of the Meter), also auf Speicher, die direkt ans Versorgungsnetz angeschlossen sind. Im Marktsegment „Behind the Meter“ (BtM) kamen 7,3 Gigawatt hinzu; dabei handelt es sich um Energiespeicher, die von Haushalten für die Optimierung des Eigenverbrauchs installiert wurden.

Herbert Paierl (Photovoltaic Austria)
Herbert Paierl (Photovoltaic Austria): „Wollen wir die staatlichen Zielsetzungen erreichen, braucht es jedes Jahr im Schnitt 2 Gigawatt Peak an zusätzlichem Solarstrom.“ - © Thomas Unterberger

Die jährlich zugebaute PV-Leistung ist in Österreich gegenwärtig deutlich rückläufig.

- © PVA

Österreichs Energiewende in Zahlen

1. Netzausbau

2022 schätzen Frontier Economics und das Austrian Institute of Technology (AIT) die Kosten für den Ausbau der Verteilernetze bis 2030 auf 15,2 Mrd. Euro.

⇨ Aber: Seit der ersten Auflage der Studie im Jahr 2022 wurde vieles empfindlich teurer: Grabungskosten, Standardkabel, Ortsnetztrafos, Umspanner etc. Wurden die Kosten für die Ertüchtigung und Erweiterung der Verteilernetze bis 2030 damals noch auf 15,2 Mrd. Euro geschätzt, so ist nunmehr mit 24,2 Nrd, Euro zu rechnen – plus 60 Prozent. Bis 2040 dürfte der Netzausbau statt den 30,3 Mrd. Euro der ursprünglichen Schätzung etwa 44,4 Mrd. Euro kosten (plus 46,5 Prozent).

2. Photovoltaik

Beim Erneuerbaren-Ausbau geht das Forschungsinstitut mittlerweile von einer Steigerung der PV-Leistung bis 2030 um 19 Gigawatt auf 21 Gigawatt aus. Die Stromerzeugung erhöht sich bei 1.000 Volllaststunden im Jahr somit um 19 auf 21 Terawattstunden. Bis 2040 ist mit einer Leistungssteigerung um 39 Gigawatt und einem Erzeugungsanstieg auf insgesamt 41 Terawattstunden zu rechnen. Wie beim Bundesverband Photovoltaic Austria ist man auch beim AIT überzeugt, dass der Zubau nicht allein auf den verfügbaren Dachflächen bewältigt werden kann. Von den bis 2030 zu installierenden 19 Gigawatt würden 12,4 Gigawatt auf Freiflächen entfallen, von den bis 2040 zu errichtenden 39 Gigawatt in Summe rund 27,5 Gigawatt.

3. Windkraft

Bei der Windkraft geht das AIT bis 2030 von einem Zubau von 6,7 Gigawatt aus. Bei 2.100 Volllaststunden entspricht dies einer Erzeugungssteigerung von 14 Terawattstunden. Bis 2040 geht es um 10,5 Gigawatt und damit 22 Terawattstunden.

>>> IG Windkraft pocht auf Ausbau

4. E-Mobilität

Durch die Elektromobilität wird bis 2030 eine netzwirksamen Ladeleistung von 3,7 Gigawatt im Niederspannungs- und 1,2 Gigawatt im Mittelspannungsnetz angenommen. Dabei gehen die Studienautoren von der Drosselung der Ladeleistung in Spitzenlastzeiten aus.

5. Wärmepumpen

1,3 Millionen Wärmepumpen sieht das AIT bis 2030 – eine Verdoppelung der bisherigen Annahmen. Die netzwirksame Leistung würde sich damit um 3,6 Gigawatt erhöhen. Bis 2040 werden es 2 Millionen Wärmepumpen und 4,8 Gigawatt.

© AIT

Energiegemeinschaften vor den Vorhang

Sinkende Einspeisetarife sprechen auch für die Teilnahme an Energiegemeinschaften, die damit nochmals attraktiver für Energieerzeuger*innen und -verbraucher*innen respektive für die neue Spezies der „Prosumer*innen“ werden. Erneuerbare-Energiegemeinschaften und Bürger-Energiegemeinschaften erfüllen eine wichtige Rolle für die Netze durch die Kombination aus Energiemanagement, Speichernutzung und Sektorkopplung. Nicht zuletzt sind sie auch Innovationstreiber. Der Österreichische Verband für Elektrotechnik (OVE) honorierte dies durch die erstmalige Vergabe eines mit 2.500 Euro dotierten Digitalisierungspreises für Energiegemeinschaften.

Dieser ging an die Reisenbauer Solutions GmbH. Deren Energiemonitoring-System liefert Energiegemeinschaften Echtzeitdaten über den Verbrauch und ermöglicht damit lokales Energiemanagement und Verbrauchsoptimierung. Bei größeren Anlagen ist zusätzlich eine Überschusssteuerung über die gesamte Energiegemeinschaft umsetzbar. Was optimiert werden soll, können Nutzer*innen über die Bedienoberfläche selbst einstellen. Verschlüsselte Verbindungen gewährleisten Datenschutz und Cybersicherheit.

Das System kann laufend erweitert werden. Ein lokaler Controller erlaubt außerdem die Anbindung von Geräten mit unterschiedlichen Schnittstellen und Protokollen. Juryvorsitzender Mark Stefan (Austrian Institute of Technology): „Durch ihre hohe Flexibilität sind die Software-Module für kleine private Erneuerbare-Energiegemeinschaften genauso interessant wie für große Bürgerenergiegemeinschaften mit Gewerbe- und Industriebetrieben. Das System kann bei Bedarf neue Komponenten integrieren und auf diese Weise einfach erweitert werden.“

Für sein flexibles Energiemonitoring-System für Energiegemeinschaften erhielt Stefan Reisenbauer den erstmals vergebenen OVE-Digitalisierungspreis.
Für sein flexibles Energiemonitoring-System für Energiegemeinschaften erhielt Stefan Reisenbauer den erstmals vergebenen OVE-Digitalisierungspreis. - © OVE
Wird das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschlossen, droht ein fataler Stillstand von bis zu drei Jahren.
Herbert Paierl, PVA

ElWG: Säumiger Gesetzgeber

Welche Änderungen das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) für die Energiegemeinschaften bringt, erläuterte Florian Galler vom Klimaschutzministerium bei der diesjährigen Energiegemeinschaften-Konferenz. Das ElWG soll das in die Jahre gekommene Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ablösen und neue Marktrollen definieren.

„Marktteilnehmer sollen in ihren Mehrfachrollen anerkannt werden, beispielsweise Endkunden auch als Erzeuger sowie Einspeiser und Entnehmer auch als Erbringer von Flexibilitätsdienstleistungen“, so Benedikt Ennser, der die Abteilung Rechtskoordination und Energie-Rechtsangelegenheiten im Klimaschutzministerium leitet.

>>> Lange Leitungen: Die Dringlichkeit des Netzausbaus

Jetzt muss dringend Bewegung in den Gesetzgebungsprozess kommen, mahnt PVA-Chefin Vera Immitzer: „Beim PV-Ausbau stoßen wir bereits an unsere Grenzen, weil die moderne Stromnetzinfrastruktur und die Regularien dafür fehlen.“ Die Befürchtung: Wird das Gesetzesvorhaben noch länger verschleppt, könnte die Nationalratswahl mit den daraus resultierenden neuen Mehrheitsverhältnissen dem ElWG überhaupt den Garaus machen oder dessen Beschluss zumindest deutlich verzögern.

„Es steht viel auf dem Spiel“, meint PVA-Vorstandsvorsitzender Herbert Paierl. „Wird das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschlossen, droht ein fataler Stillstand von bis zu drei Jahren.“ Obendrein würden Strafzahlungen für Österreich fällig, da die Gesetzesüberarbeitung durch EU-Richtlinien vorgegeben ist. Paierl: „Netzentwicklungspläne – inklusive Darstellung der vorhandenen Einspeisekapazitäten auch auf den unteren Netzebenen – und klare Fristen für den Netzanschluss sind unumgänglich.“

Benedikt Ennser (Klimaschutzministerium): „Das ElWG soll Marktteilnehmer in ihren Mehrfachrollen anerkennen, etwa Endkunden als Erzeuger und Einspeiser als Erbringer von Flexibilitätsdienstleistungen.“
Benedikt Ennser (Klimaschutzministerium): „Das ElWG soll Marktteilnehmer in ihren Mehrfachrollen anerkennen, etwa Endkunden als Erzeuger und Einspeiser als Erbringer von Flexibilitätsdienstleistungen." - © BMK

How-to: Finanzierung des Netzausbaus

Die Interessenvertreter des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) haben sich mit dem für die Energiewende notwendigen Netzausbau beschäftigt. Ihre Lösung zur Deckung des Finanzbedarfs: Ein staatlicher Infrastrukturfonds soll Finanzmittel zuschießen, in Kombination mit längeren Abschreibungsfristen von 40 Jahren.

>>> So lässt sich der Netzausbau nachhaltig finanzieren

Schließlich braucht es für ein klimaneutrales Österreich bis zum Jahr 2040 rund doppelt so viel Strom wie heute. Durch die Integration von PV-Anlagen im Residential-Bereich, Wärmepumpen und Elektromobilität steigen nicht zuletzt die Kosten auf der Niederspannungsebene. Die Übertragungsnetze sind anzupassen, um Überschussstrom überregional von den Erzeugern zu den Verbrauchern und zu den Speichermöglichkeiten zu transportieren.

Aktuell werden diese Investitionen über Netzentgelte finanziert. Das System ist langsam und unflexibel, zudem würden sich dadurch die Netzgebühren für Haushalte und Unternehmen verdoppeln. Im Auftrag des EEÖ hat Frontier Economics die Schaffung eines Finanzierungsfonds untersucht, der den Netzbetreiber entweder nicht-rückzahlbare Zuschüsse oder Kapital zu einem günstigen Zinssatz zur Verfügung stellt.

Ein Rechenbeispiel: Gesetzt der Fall, der staatliche Fonds würde mit einer Milliarde Euro dotiert. Die Netzbetreiber erhalten ein Drittel davon als nicht-rückzahlbare Zuschüsse sowie zwei Drittel als verzinstes Kapital. Im Ergebnis würde dies – gemeinsam mit großzügigen Abschreibungsfristen – die Erhöhung der Netzgebühren für Endkund*innen um 15 Prozent dämpfen.

„Dazu kommt der enorme volkswirtschaftliche Mehrwert des Netzausbaus“, ergänzt Studienautor Aria Rodgarkia-Dara. „Knapp 320.000 neue oder gesicherte Arbeitsplätze, 75 Prozent heimische Wertschöpfung und zusätzliche Steuereinnahmen von 15 Milliarden Euro.“

Wenn einer der größten Transformationsprozess in Österreichs jüngerer Wirtschaftsgeschichte läuft, doch Investitionen mangels Rechtssicherheit scheitern, grenzt es an grobe Fahrlässigkeit, wenn der Gesetzgeber nicht handelt.
Florian Stangl, Niederhuber & Partner Rechtsanwälte

EABG: One-Stop-Shop für Genehmigungen

„Wenn die Praxis die Gesetzgebung überholt, dann ist es Zeit für den Gesetzgeber, tätig zu werden“, sagt Energierechtsexperte Florian Stangl (Niederhuber & Partner Rechtsanwälte). „Wenn einer der größten Transformationsprozess in Österreichs jüngerer Wirtschaftsgeschichte läuft, doch Investitionen mangels Rechtssicherheit scheitern, grenzt es an grobe Fahrlässigkeit, wenn der Gesetzgeber nicht handelt.“ Mit ElWG, Wasserstoffförderungsgesetz (WFöG), Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG) und Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) lägen hierzu mittlerweile bereits vier legistische Vorhaben auf dem Tisch.

Für die Elektrizitätswirtschaft von besonderer Dringlichkeit ist dabei das EABG, das die Genehmigungsverfahren für Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung (mit Ausnahme von Wasserkraftwerken) unter der UVP-Schwelle neu gestalten soll. Notwendig wird dies nicht zuletzt aufgrund der verbindlich umzusetzenden Vorgaben der RED III-Richtlinie (= Renewable Energy Directive) der EU.

Zu definieren sind nach Expertenansicht etwa Beschleunigungsgebiete für Erzeugungsanlagen sowie Infrastrukturgebiete für Netze und Speicher. Stangl: „Um die Genehmigungsverfahren effizienter und kostenschonender zu gestalten, soll mit dem EABG ein weitgehender One-Stop-Shop geschaffen und die Verfahrenszuständigkeit bei der Landeshauptfrau bzw. beim Landeshauptmann konzentriert werden.“

Energierechtsexperte Florian Stangl: „Wenn die Praxis die Gesetzgebung überholt, ist es Zeit für den Gesetzgeber, tätig zu werden.“
Energierechtsexperte Florian Stangl: „Wenn die Praxis die Gesetzgebung überholt, ist es Zeit für den Gesetzgeber, tätig zu werden.“ - © nhp
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Gerüstet für dynamische Stromtarife

Der österreichische Gesetzgeber ist gefordert, die Voraussetzungen für die Energiewende zu schaffen. Die Lieferanten in allen Bereichen sind dafür längst gerüstet. Das zeigte sich einmal mehr auf den Branchenmessen der jüngeren Vergangenheit.

Ladelösungsanbieter go-e etwa ist bereit für die Zukunft dynamischer Stromtarife. „In Skandinavien ist das längst Realität“, weiß Marketingleiter Ronald Kroke. Mit einem dieser Marktakteure, dem norwegischen Stromanbieter Tibber, der mittlerweile auch in Schweden, Niederlanden und Deutschland Ökostrom verkauft, hat go-e jüngst eine Kooperation abgeschlossen. „Mit dem dynamischen Tibber-Tarif und der App für unsere Wallboxen Gemini und Gemini flex werden E-Autos so immer zum günstigsten Strompreis aufgeladen.“

>>> Soly startet in Österreich

Neu ist der Charger Gemini flex 2.0 mit integrierter SIM-Karte samt kostenloser Mobilfunkverbindung für mindestens fünf Jahre. Der Vorteil: Mithilfe der Wallbox können Nutzer*innen überall laden, auch dann, wenn gerade kein WLAN zur Verfügung steht. Gesteuert und überwacht wird der Ladevorgang in bewährter Weise via App.

Ronald Kroke, Marketingleiter bei go-e, hat Wallboxen für besonders mobile E-Autofahrer – inklusive WLAN oder sogar mit integrierter SIM-Karte.
Ronald Kroke, Marketingleiter bei go-e, hat Wallboxen für besonders mobile E-Autofahrer – inklusive WLAN oder sogar mit integrierter SIM-Karte. - © Reinhard Ebner
In nur einer halben Stunde ist ein leerer Akku zu 80 Prozent aufgeladen.
Teresa Külper-Winfield, Megger

Speziell für das rechtssichere Prüfen von Ladesäulen und Wallboxen eignet sich der Installationstester MFT-X1 von Megger. Ein neuartiges Akkusystem ermöglicht ebenso einfaches wie schnelles Wechseln der NiMH-Akkupacks und sogar den Betrieb mit Alkaline-Batterien. „In nur einer halben Stunde ist ein leerer Akku zu 80 Prozent aufgeladen“, so Channel-Managerin Teresa Külper-Winfield. „Praktisch ist auch der SD-Kartenslot. Software-Upgrades können über unsere Website selbst vorgenommen werden.“

Im monatlichen oder jährlichen Abonnement erhältlich ist dazu die Cloud-basierte Software CertSuite für die elektrische Protokollerstellung von Anlagen. Als optionales Zubehör bietet Megger eine Stromzange für die Messung von Wechselströmen von einem Milliampere bis 1.000 Ampere an. Auch diese steht in einer überarbeiteten Version zur Verfügung: „Durch das flexible Kabel eignet sich das neue Modell für schwer zugängliche Stellen.“

Teresa Külper-Winfield, Channel-Managerin bei Megger, schnürt ein Produktbündel für rechtssicheres Prüfen von Ladesäulen und Wallboxen.
Teresa Külper-Winfield, Channel-Managerin bei Megger, schnürt ein Produktbündel für rechtssicheres Prüfen von Ladesäulen und Wallboxen. - © Reinhard Ebner
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Schutz fürs Stromnetz

Keine Energiewende ohne Fehlerstromschutz: „Wichtig ist die Verwendung des richtigen FI für die jeweilige Anwendung“, sagt Doepke-Marketingleiter Johann Meints. Um die Wahl zu erleichtern, führt der deutsche Hersteller gleich drei Schaltervarianten, die für Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Elektromobilität optimiert sind.

>>> Bauordnungsnovellen 2023: Volle Ladung für PV & E-Mobilität

Zusätzlich hat das Unternehmen auch einen Kombischalter für Fehlerstrom- und Leitungsschutz im Programm. Der DRCBO 4 ist damit die platzsparendste Wahl, um Stromkreise für PV-Anlagen und Wärmepumpen im Falle eines Kurzschlusses, bei Überlastung oder Fehlerströmen zu schützen. In seiner zweipoligen Variante kommt er mit nur 2,5, in der vierpoligen Ausführung mit 4,5 Teilungseinheiten aus.

Smarte Schutzschalter bieten Julia Eilers und Johann Meints von Doepke: Optimiert sind diese speziell für PV, Wärmepumpen und E-Mobilität.
Smarte Schutzschalter bieten Julia Eilers und Johann Meints von Doepke: Optimiert sind diese speziell für PV, Wärmepumpen und E-Mobilität. - © Reinhard Ebner
In Österreich ist die Digitalisierung der Netze ein wichtiges Thema. Der ProGrid stellt hierbei einen Quantensprung dar.
Walter Gruber, Mersen

Vom österreichischen Konstruktur Andreas Weiß ausgetüftelt wurde der ProGrid von Mersen, nichts Geringeres als eine neue Generation elektrischer Schutzgeräte für Schutz und Überwachung sowie Erkennung und Meldung von Ereignissen im Niederspannungsnetz. „Lieferbar ist das Produkt ab September. Allein durch Mundpropaganda haben wir aber schon jetzt Anfragen für zigtausende Stück“, erzählt Österreich-Geschäftsführer Walter Gruber. Gut, dass erst in der jüngeren Vergangenheit eine neue Werkshalle im ungarischen Kaposvár errichtet wurde.

Zu einem intelligenten Sicherungsgerät wird der Sicherungslasttrennschalter durch ein vormontiertes Modbus-RTU-Modul, das auf der Ober- und Unterseite des Schalters installiert wird. Das Modul bietet direkten Zugriff auf aktuelle Energie- und Zustandsdaten und ist mit allen Modbus-RTU-Mastergeräten und Sensorkonfigurationen kompatibel. Gruber: „Gerade in Österreich ist die Digitalisierung der Netze ein wichtiges Thema. Der ProGrid stellt hierbei einen Quantensprung dar.“

Mersen-Chef Walter Gruber hat die Produkte für die Energiewende. Nebst PV Protection Box zählt dazu der von einem österreichischen Kollegen konstruierte ProGrid.
Mersen-Chef Walter Gruber hat die Produkte für die Energiewende. Nebst PV Protection Box zählt dazu der von einem österreichischen Kollegen konstruierte ProGrid. - © Reinhard Ebner

Das sind die Trends bei Wechselrichtern

2023 wurden um fast 50 Prozent mehr Wechselrichter verkauft als im Jahr davor – so der Marktbericht „Global Solar PV Inverter and Module-Level Power Electronics Market Share“ von Wood Mackenzie. Die Entwicklung wird durch technologische Neuerungen angetrieben:

  • Digitalisierung vereinfacht Installation, Betrieb und Wartung:
    Die Nutzung digitaler Tools bei der Planung und Auslegung von Anlagen sowie der Fehlerdiagnose ist bereits gängige Praxis. Das geht Hand in Hand mit dem vermehrten Einsatz künstlicher Intelligenz und cloudbasierter Energiemanagement-Apps, die die Visualisierung des Energieverbrauchs und Eigenerzeugung ermöglichen.
  • Nachrüst- und Skalierbarkeit sorgt für mehr Flexibilität:
    Immer mehr Hersteller bieten Nachrüstoptionen für ihre Geräte – beispielsweise für den Fall, dass das Netz ausfällt. Die Notstrom-Varianten reichen von der Versorgung einzelner Geräte über die Steckdose bis hin zum gesamten Haushalt inklusive Großverbraucher über Batteriespeicher. Skalierbare Wechselrichter machen sich bezahlt, wenn der Energiebedarf aufgrund der Anschaffung von Speicher, Wärmepumpe und Co. zu einem späteren Zeitpunkt steigt.
  • Netzbildende Wechselrichter sichern die erneuerbare Versorgung rund um die Uhr:
    Immer häufiger weisen moderne Wechselrichter stabilisierende Eigenschaften auf und sichern so die Aufrechterhaltung der Netzversorgung. Sie spielen damit eine entscheidende Rolle bei der Umstellung auf ein Versorgungssystem, das künftig zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert.
  • Intelligente Geräte sind kommunikativ und vernetzt.
    Moderne Wechselrichter zeichnen sich durch offene Schnittstellen aus. Das reicht von digitalen Schaltausgängen und LAN-Ports über eine integrierte WLAN-Schnittstelle bis hin zu Modbus TCP und 5G Ready. So werden Inbetriebnahme und Gerätekonfiguration über die Anbindung an einen Smart Meter zur Messung und Visualisierung des Eigenverbrauchs ermöglicht. Auch der Datenaustausch für das Monitoring und die Integration weiterer Verbraucher wie Klimaanlagen, Infrarotheizungen, Wärmepumpen oder Heizstäbe wird erleichtert.